(Voland & Quist, 202 S., 22,00 Euro)
Eins vorab: das in diesem Buch behandelte Thema ist absolut ernst und definitiv ein Problem. Kein neues (Goethes Werther wäre nur eines der historischen Beispiele. Nur natürlich etwas zu hoch gegriffen und – wie wir gleich sehen werden – auch inhaltlich nachgerade konträr), aber dennoch ein brandaktuelles. Es geht um Suizid, genauer um den juvenilen Selbstmord aus Weltschmerz. Clausen (sonst als Gag- oder Drehbuchschreiber u.a. für Bully Herbig, "Ladykracher" oder die Weimarer Tschirner-Ulmen-Tatorte unterwegs. Bis auf letzteres durchweg eher nicht meine Baustelle) versucht, sein Anliegen in die Form eines dramatischen (Jugend)Romans zu verpacken. Storyline: Reinhold (seltsam aussehender TuningkarrenFahrer aus dem Osten), Verena (schräges Heimkind aus gestörter Familie) und Kolja (unentschlossener Ich-Erzähler) schließen in einem jener Internet-Foren einen Selbstmordpakt. Nahe dem ungarischen Balaton wollen sie gemeinsam in den Krater eines erloschenen Vulkans springen und so ihren (gefühlten) Unaushaltbarkeiten entkommen. Leider krankt der Text an zwei wesentlichen Makeln: zum einen schreibt Clausen so, wie man in den TrashFormaten des deutschen Fernsehens spricht – das hat also nicht immer was mit Grammatik und sinnvollem Satzbau zu tun. Zum anderen vermag er seine Mission nicht hinreichend subtil zu verpacken. Da taucht in nahezu jedem Kapitel (zumindest in den ersten) eine andere Figur mit Suizid-Verbindungen auf, kein Klischee wird ausgespart und immer wieder schreit es aus den Zeilen die lehrerhafte Botschaft "Macht das nicht!". Auch die unvermeidlichen Liebeleien bleiben sprachlich wie inhaltlich oberflächlich und nahezu jede Figur ist ein Musterbeispiel für wenig reflektierte Stereotypisierung. Auch fehlt (mir) jede echte Auseinandersetzung mit der moral-philosophischen oder ethischen Dimension des uralten Selbstmord-Dilemmas (Freier Wille vs. Augustinische Verantwortung vor dem Leben, etc, pp. blablabla). Klar, Clausen will Jugendliche erreichen (was ihm mit seiner niedrigschwelligen SchreibWeise vielleicht sogar gelingt und angesichts des Themas ja auch zu wünschen wäre) und vermutlich liegt ihm gar nicht so viel an "echter Literatur" – warum er dann aber mit seinem Projekt beim sonst doch so qualitätsbewussten Verlagshaus Voland & Quist landen konnte, bleibt mir ein Rätsel. Ach ja, "Leming" mit einem "m" ist (hier) kein Schreibfehler.Weitere Infos: www.voland-quist.de/werke/leming/