(Insel, 223 S., 24,00 Euro)
Mit 78 Jahren blickt Eva Demski zurück auf ein Leben, das auf die eine oder andere Form, mal sublim, mal konkret, von anarchistischen Träumen geprägt war. Ihre erste Übersetzungsarbeit für Suhrkamp war 1967 Daniel Guérins "Anarchismus – Begriff und Praxis", von diesem Startpunkt aus begibt sich Demski auf eine Reise durch Ursprünge und Auswirkungen der libertären Bewegung. Nach einem etwas verwirrenden Einstieg, der letztlich sogar in Gedichtform um die Symbolik des eingekreisten As wirbelt, werden in lockerem Ton Porträts prägender Anarchisten skizziert. Nicht im engen Korsett einer Biografie, sondern im freien Spiel der Gedanken und Assoziation stellt sie uns ihre Sicht auf Emma Goldman, Boxcar Bertha, Bakunin, Kropotkin, die anarchistischen Schweizer Uhrmacher und natürlich auch Eisner, Mühsam, Toller und Landauer vor. Aber nicht nur Protagonisten, sondern auch die (unterschiedlichen) Lebensansätze und Inszenierungen werden rekapituliert, ob nun der "Punk-Prunk" einer Kreuzberger AnarchoKneipe oder (im Abschnitt "Gott und Gossip") die anarchistischen Elemente von Karl Lagerfeld, Udo Lindenberg und Marcel Reich-Ranicki. An einer Stelle fällt der schöne und unbedingt wahre Satz "Der anarchistische Alltag nistet in den Fugen der Macht." Neben dem (mich immer wieder an die vom mir sehr verehrte Kerstin Decker erinnernden) lakonischen Ton gefällt an diesem Buch die Absenz jeder Agitation. Und doch vermag Demski im letzten Kapitel auch die Schwierigkeiten anarchistischer Praxis darzustellen (v.a. im Hinblick auf die notwendige Abgrenzung zu kleingeistigen "Wutbürgern"). Und daraus auch einen Handlungsaufruf zu formulieren: "Werdet wild und tut schöne Sachen!"Weitere Infos: www.eva-demski.de