(dtv, 545 S., 14,90 Euro)
Ich bin dem begnadeten russischen Schriftsteller schon früh verfallen, "Hundeherz" und "Meister und Margarita" waren so essentielle wie prägende Leseerlebnisse meiner Jugend. Auch an der damals in der legendären DDR-"Romanzeitung" erschienenen "Weißen Garde" versuchte ich mich, musste aber feststellen, dass ich mit 19 noch nicht bereit war für diese expressionistische Steigerung von "Krieg und Frieden" und gab inmitten der skurril-chaotischen SzenenFlut erschöpft auf. Nun hat der einzigartige Übersetzer Alexander Nitzberg sich Bulgakows autobiografisch gefärbtes Romandebut vorgenommen und was uns hier auf über 500 Seiten erwartet, ist mehr als grandios. Die Wucht der SprachBilder genial einfangend und auch Alliterationen, Reime und grammatikalische Unmöglichkeiten geistreich nachbildend, gelingt es Nitzberg, die Zustände in der Ukraine der Jahre 1918/19, also in jener seltsamen, von jeder nur denkbaren Form von Chaos und Gewalt geprägten Zwischenzeit (nicht mehr Zarenreich und noch nicht Sowjetunion) lebendig werden zu lassen. Den höchst unkonventionellen, futuristisch-mythisch-religiös-politischen Text durchzieht ein vielfältiger Nebel – aus TyphusFieber und SpiritusRausch, aus SchneeWirbel und LaternenDunst - in dem die verloren wirkenden Figuren um den jungen Militärarzt Turbin den blutigen Taumel der militärischen Auseinandersetzungen ebenso erleben wie das Bersten der ohnehin schon rissigen zivilisatorischen Haut. Auch durch die beigefügten Kapitel aus abweichenden Ausgaben und die Beschreibung der verwickelten Editionsgeschichte im Nachwort sowie die zahlreichen, die Hintergründe zusätzlich erhellenden Anmerkungen dürfte diese Neuübersetzung zum zukünftigen Standard werden.Weitere Infos: www.dtv.de/buch/michail-bulgakow-die-weisse-garde-14738