Nachdem ihr Debutalbum "Here‘s To Them All" und der Nachfolger "Leblon" vor einigen Jahren – ganz zu Recht - für reichlich Furore sorgten, wagen die drei Hamburger, Nicolai von Schweder-Schreiner, Christoph Kähler und Lars Precht, mit ihrem dritten Langspieler "Look Of Joy" nun ein echtes Experiment. Anstatt sich wie bisher auf die eigenen Fähigkeiten als Songschreiber zu verlassen, finden sich auf ihrer neuen Platte ausschließlich Fremdkompositionen, die das Trio teilweise in Arrangement und Instrumentierung komplett umgekrempelt hat.
"Wir haben dazu ein ziemlich unkompliziertes Verhältnis. Wir hatten ja auch auf der ersten Platte einen Jazz-Standard mit dabei und auf der zweiten ein Stück von Steely Dan", wehrt Nicolai unlängst beim WESTZEIT-Interview im Büro seiner Hamburger Plattenfirma ab. "Das Album war nicht geplant. Wir spielen – wie ja fast alles Gruppen - live immer wieder gerne Stücke, die wir gut finden. Wir haben dann schnell gemerkt, dass das auch gut funktioniert und dass das bei uns schon etwas anderes ist, als wenn beispielsweise Die Toten Hosen ‚My Way‘ spielen. Wir sehen das nicht als Statement, sondern als Sammlung von Songs, die wir gerne spielen, nur, dass wir sie dieses Mal halt nicht selber geschrieben haben. Musikalisch war das kein großer Unterschied." Ziemlich große Unterschiede kann man dagegen bei den meisten Stücken zwischen den Originalen und den Bearbeitungen von Veranda Music feststellen. Da gibt es ein wunderschönes Geigenarrangement bei "O Caroline", das im Original fehlt und auf das Nicolai ziemlich stolz ist, "Water Of Love" von den Dire Straits ist ohne Mark Knopflers nervende Stimme kaum wiederzuerkennen, und "Shake The Disease" von Depeche Mode – vielleicht das Highlight der gesamten Platte – wird als solistische Unplugged-Nummer gespielt. "Das Depeche-Mode-Stück ist in vielerlei Hinsicht eine Ausnahme", erklärt Nicolai. "Gerade bei denen stand ich schon immer eher auf die Kompositionen, also auf die Akkorde und die Gesangsmelodie und vielleicht auch noch den Text, aber das ganze Drumherum mochte ich immer schon gar nicht so gerne." Obwohl der Depeche-Mode-Song auf "Look Of Joy" das letzte Stück ist, war der Titel einer der ersten, der in die engere Auswahl für die Platte kam. "Wir sind irgendwann darauf gekommen, dass wir unsere Konzerte beginnen könnten, indem ich erst einmal ein Stück alleine singe. Da eignete sich das dann gut als Opener, und eigentlich sollte das Stück auch die Platte eröffnen. Aber dann kam das ‚Outro‘ dazu, und wir wollten auf dem Album auch nicht unbedingt mit einem Solostück anfangen."Aber egal in welcher Reihenfolge, sehr schnell fällt bei "Look Of Joy" auf, wie großartig es Veranda Music gelungen ist, aus dem breiten Spektrum des Materials – von Caetano Veloso bis zu den Pixies – eine Platte zu formen, die dennoch immer nach Veranda Music klingt. Auf witzige Weise gleichzeitig niederschmetternd und äußerst schmeichelhaft für das Hamburger Trio war dagegen die Äußerung einer Freundin der Band, als sie das neue Album zum ersten Mal hörte. "Sie sagte, die Texte wären auf der neuen Platte ja doch sehr viel besser als auf der letzten. Sie sprach von einem Quantensprung!" erzählt Nicolai amüsiert, wohl aber auch ein bisschen gekränkt. Immerhin beweist dieses Zitat, wie sehr Veranda Music die Coverversionen zu ihren eigenen Songs gemacht haben. Und außerdem dürfte damit auch feststehen, dass die drei Hanseaten nicht Gefahr laufen, dass wie bei vielen anderen Bands, gerade aus Deutschland, die Coverversionen auch kommerziell die eigenen Songs in den Schatten stellen. "Ich finde es schade, wenn man eine Band ist, die die ganze Zeit eigene Musik macht und dann beschließt, mal eine witzige Coverversion zu machen und darüber dann identifiziert wird. Das würde mich ziemlich frustrieren." Aber zum Glück besteht kein Grund, sich darüber bei Veranda Music Sorgen zu machen. Dazu sind die Stücke auf "Look Of Joy" auch einfach zu ambitioniert und zu gut und eben ganz und gar nicht mit dem Zauberwort "Radiohit" im Hinterkopf aufgenommen worden. Das sind schlechte Nachrichten für die Geldbeutel der Musiker, aber ausgezeichnete Neuigkeiten für die Hörer!
Aktuelles Album: "Look Of Joy" (XXS Records/Indigo)
Foto: XXS