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WILLOW PARLO

Auf den Punkt gebracht

WILLOW PARLO

Mit seiner selbstbetitelten Debüt-EP hat das Hamburger Quartett Willow Parlo im letzten Jahr bereits viel Staub aufgewirbelt, doch jetzt zeigt die Band um Noemi Bunk mit ihrer zweiten EP, dass das nur der Anfang war: Auf ´See U Whenever´ verbinden Willow Parlo wunderbar sanften Indie-Dream-Pop und ein Faible für US-Indie-Rock mit einem nun stärker in den Fokus rückenden Hauch von Pop-Glanz, um der Last des postmodernen Lebens ein wenig den Schrecken zu nehmen, lassen aber aller Melancholie und Wehmut zum Trotz auch nie den rettenden Hoffnungsschimmer aus den Augen. Am 15.12. bringt die Band die neue EP beim Release-Konzert in der Hamburger Molotow SkyBar auch auf die Bühne.

Eines wird beim Hören der fünf Songs auf ´See U Whenever´ schnell deutlich: Willow Parlo haben seit der Veröffentlichung ihres Erstlings im Sommer 2022 in Sachen einen großen Satz nach vorn gemacht, denn die neuen Lieder sind eingängiger, dynamischer und auch deutlich akzentuierter arrangiert.

„Am Anfang haben wir gar nicht gewusst, wohin das Ganze gehen wird“, gesteht Frontfrau Noemi Bunk im Westzeit-Interview. „Wir haben einfach Songs geschrieben und soundtechnisch viel experimentiert. Dann hat aber alles Form angenommen, und dann ist in diesem Jahr wahnsinnig viel passiert. Wir haben auf namenhaften Festivals wie dem Dockville oder dem Reeperbahn Festival gespielt und parallel dazu unsere zweite EP produziert, Musikvideos gedreht, neue Songs geschrieben und mussten uns auf einmal vor allem auch mit der gesamten Bewältigung einer stetig größer werdenden Sache auseinandersetzen. Dabei haben wir sehr viel dazugelernt. Es ist ein besonderes Gefühl, mit all dem zu wachsen und sich dabei kreativ entfalten zu können."

Die vier Musikerinnen und Musiker bringen dabei verschiedenste Einflüsse in die Band ein. Noemi begann als Schlagzeugerin im Jazz, bevor sie die Singer/Songwriter-Szene und den Gesang für sich entdeckte. Bassist Björn Kröger findet seinen Groove in Hip-Hop und R&B, Drummer Jan Henrik Schnoor hält es eher mit Post-Punk und Post-Rock, während Gitarrist Marco Winkler sich am liebsten jenseits des ausgetrampelten Pfades umschaut und zwischen Breakbeats und Noise einen Hang zu experimentellen Klängen hegt. Dem Facettenreichtum zum Trotz gibt es natürlich ein verbindendes Element.

„Ich glaube was uns verbindet ist, dass wir durch unsere Musik einem gewissen Teil von uns Raum geben, den man normalerweise so nicht sieht“, sagt Noemi. „Wir sind im echten Leben keine sehr ernsten Persönlichkeiten. Aber beim Musikmachen finden wir einen Ausdruck für vieles, das uns trotzdem begleitet, so wie Melancholie und Sensibilität. Das führt auch dazu, dass wir nicht viel darüber sprechen müssen, wie unsere Musik sein soll, wir verstehen uns da oft blind.“

Das kann man auf ´See U Whenever´ auch hören, denn inspiriert von Boygenius, Sam Fender, Lizzy McAlpine oder The Japanese House hatten Willow Parlo klare Vorstellungen davon, was dieses Mal anders sein sollte.

„Wir wollten den neuen Songs mehr Struktur geben und jedem einzelnen Song mit einem bestimmten Soundgewand Charakter geben“, verrät Noemi. „Zudem haben wir aber auch einfach Lust gehabt, unserem Sound einen Hauch mehr Pop unterzumischen."

Zur Seite standen der Band dabei die beiden Produzenten Jakob Hersch und Valentin Hebel.

„Die beiden haben einfach direkt verstanden, wie es klingen soll, und haben das wunderbar mit uns umgesetzt“, freut sich Noemi. „Wir haben einfach alle gemeinsam versucht, das Beste aus den Songs rauszuholen und sie gleichzeitig nicht zu verbiegen. Die Songs haben während der Produktion noch mal einen unerwartet wichtigen Feinschliff bekommen, der sie nun in meinen Augen genau im richtigen Moment zum Punkt kommen und strahlen lässt. Das gefällt mir persönlich sehr gut an dieser EP, dass sie nicht schwafelt, aber trotzdem alles sagt, was wir sagen wollten."

Das gilt für die Musik, aber auch für die Texte, mit denen Noemi Gefühle festhält, die sie beschäftigen, und Dinge ausdrückt, die sie sich vielleicht sonst nie getraut hätte zu sagen. Damit steht sie nicht allein, schließlich haben in der Indiewelt zuletzt immer mehr junge Künstlerinnen und Künstler die Coming-of-Age-Lyrik als ihre Spielwiese entdeckt. Doch während viele Songwriterinnen und Songwriter gerne unterstreichen, dass ihnen oft erst später richtig bewusst wird, wovon ihre Texte wirklich handeln, klingen bei WIllow Parlo Songs wie ´My Father's Eyes´ und ´Can't Get Enough´ eher so, als wüsste Noemi sehr genau, welche Situationen und Emotionen sie beschreiben und festhalten will.

„Das stimmt“, bestätigt Noemi. „Ich kenne das Phänomen sehr gut, einen Text zu schreiben und erst danach zu erkennen, dass sich da vielleicht das Unterbewusstsein verselbstständigt hat oder man einfach erst nach dem Schreibprozess Bedeutung in den eigenen Worten findet. Aber vor allem ´My Father's Eyes´ ist da anders. Unser Schlagzeuger Jan hat vor Kurzem unerwartet seinen Papa verloren. ´My Father's Eyes´ haben wir ihm ganz bewusst gewidmet. Darin geht es um die Auseinandersetzung mit dem Abschiednehmen, um das Gefühl der Machtlosigkeit, während man den Moment einfach überstehen muss, aber auch um die schönen Erinnerungen an einen geliebten Menschen und das, was er einem mitgegeben hat, bevor er von einem gegangen ist. Der Song sollte ihm und seinem Wesen gerecht werden, deshalb hat der Song mehr den Charakter einer warmherzigen Hymne als den einer wehmütigen Ballade. In ´Can’t Get Enough´ geht es um das ambivalente Gefühl, aus einer Lebenssituation herauszuwachsen und doch noch nicht ganz loslassen zu können. Dieses Gefühl der Abnabelung vor dem Übergang in etwas Neues kann auch zur Zerreißprobe werden. Das habe ich versucht, in dem Song zu beschreiben.“

Bleibt zum Schluss noch die Frage, welche Hoffnungen, Erwartungen und Träume Willow Parlo mit ´See U Whenever´ verknüpfen. Wo soll die neue EP die Band hinführen?

„Wir haben dieses Jahr in Belgien auf dem Sonic-City-Festival gespielt, und es ist schon ein besonderes Gefühl, wenn man merkt, dass man auch international Menschen mit seiner Musik erreicht“, erwidert Noemi. „Das weiterhin machen zu können, ist ein großer Traum – damit meine ich auch, nicht auf der Stelle zu treten und noch weiter in alles einzutauchen. Ich hätte auch Lust auf eine Kollaboration, vielleicht klappt das ja nächstes Jahr!"

Aktuelle EP: See U Whenever (Popup Records) VÖ 08.12.


Weitere Infos: www.instagram.com/willowparlo Foto: Nilo Yamandi

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