In der Vergangenheit wurden fast ausschließlich große Namen bemüht, wenn es der internationalen Journaille darum ging, die Musik des amerikanisch-schwedischen Trios Barbarisms zu beschreiben. Built To Spill und Guided By Voices wurden genauso genannt wie Herman Dune und St. Thomas, und selbst Bill Callahan und Jeffrey Lewis wurden als Referenzen herangezogen. Jetzt veröffentlichen Barbarisms ihr neues Album: ´Zugzwang´.
Sieben Jahre sind inzwischen vergangen, seit der Amerikaner Nicholas Faraone an der Seite seiner schwedischen Mitstreiter Tom Skanze und Robin Ef Ekenstam mit dem selbstbetitelten Album von Barbarisms debütiert hat. Die nun erscheinende vierte gemeinsame Platte entstand nach einer Phase persönlicher Veränderungen und Rückschläge im Leben des Sängers und Songwriters. Ziellos reiste Faraone im Zug durch Europa, um auf andere Gedanken zu kommen und die Schreibblockade zu überwinden, die ihn an der Arbeit hinderte. Weil die neuen Lieder durch Faraones Erfahrungen betont persönlich gefärbt sind, war bei der Umsetzung mehr denn je das Fingerspitzengefühl seiner Mitstreiter gefragt."Tom und Robin sind sehr intuitive Musiker”, erklärt der Barbarisms-Frontmann im Westzeit-Interview. „Das bedeutet, dass ich nach langen Reisen ins Studio zurückkommen und ihnen meine Songs so vorspielen konnte, wie andere ihren Freunden erzählen würden, was sie unterwegs erlebt haben. Ich hatte all diese Trostlosigkeit herbeigerufen, aber es dauerte nicht lange, bis ich meine Geschichten durch ihre Ohren genauso wie durch meine hören konnte."
´Zugzwang´ ist bereits treffend als weitläufiger Reisebericht beschrieben worden, der Herzschmerz und spirituelle Heimatlosigkeit zum Thema hat und von der Unwiderstehlichkeit des Versuchs gekennzeichnet ist, seinen Problemen auszuweichen. Doch an welchem Punkt seiner Reise ist Faraone bewusst geworden, dass man zwar weglaufen, sich aber nicht verstecken kann?
"Ich finde, sich zu verstecken bekommt zu viel schlechte Presse”, sagt er. „Auf gewisse Art bedeutet Songwriting, mit sich selbst Verstecken zu spielen, auf die gleiche Weise, wie die Hindus sagen, dass Universum ist Gott, der mit sich selbst Verstecken spielt. So fühle ich mich auch, wenngleich in kleineren Dimensionen. Wenn ich mich nicht hier und da verstecken würde, hätte ich weniger Material für die Selbsterkenntnis."
Überhaupt gibt sich Faraone eher kämpferisch, wenn es darum geht, die Songs des neuen Albums einzusortieren. Denn auch wenn ihn lange die Frage beschäftigte, ob er überhaupt zum Songwriting zurückkehren sollte, sieht er die neuen Lieder keinesfalls als therapeutisch an.
"Wenn mein Songwriting eine Art von Therapie wäre, dann wäre das ein seltsames Ritual.”, sagt er. „Ich weiß nicht, ob ich in dem Prozess tatsächlich irgendwelche Entdeckungen mache, aber es fühlt sich zumindest so an. Es sind Entdeckungen, die ich lieber als Hinweise denn als Fakten präsentiere. Ich komme zu den Songs zurück, um Anhaltspunkte zu erhalten, und nicht, um Antworten zu bekommen."
Denn obwohl Faraones persönliches Gefühlschaos ihn lange davon abhielt, seine Gedanken in Songform auszudrücken – sobald er sein Mojo wiedergefunden hatte, tat er sich nicht mehr schwer.
"Diese Lieder haben eine Weile benötigt, bis sie zu mir gekommen sind, aber es war kein Kampf, sie zu schreiben”, erklärt er. „Wenn ich wusste, wie man das Songwriting mit harter Arbeit erzwingen könnte, hätte ich das inzwischen versucht. Aber ich weiß es nicht. Was ich dagegen inzwischen begriffen habe, ist, dass ich nicht durch die Welt wandle und das Leben als Songwriter erlebe. Irgendwann drängt sich mir eine Melodie oder eine Zeile auf – und dann wird mir bewusst, dass ich die ganze Zeit bereits Songarbeit geleistet habe. Mit anderen Worten: Ich finde das Material in Reichweite, sobald ich es brauche – aber auch nur, wenn ich es brauche.”
Vielleicht auch deshalb glaubt Faraone nicht, dass es Lehren gibt, die er aus seinen Erlebnissen ziehen kann.
"Ich kann mir nicht ausmalen, welche Lektionen fürs Leben oder das Songwriting man aus diesen Erfahrungen ziehen sollte”, gesteht er abschließend. „Also nehme ich’s einfach so, wie es kommt!"
Aktuelles Album: Zugzwang (DevilDuck Records / Indigo)
Weitere Infos: www.facebook.com/barbarisms