Mit ihrem Debütalbum „Reservoir“ schöpfte die Australierin Sophie Payten a.k.a. Gordi 2017 aus dem Vollen und präsentierte sich mit den Mitteln einer vielseitig interessierten Indie-Künstlerin auf erdige und greifbare Art in einem reichhaltig aufbereiteten, organischen Big-Pop-Setting. Wer nun vielleicht gedacht hätte, dass Sophie auf ihrem nun vorliegenden, zweiten Album „Our Two Skins“ vielleicht sogar noch eins draufsetzen oder doch zumindest die ein Mal eingeschlagene Richtung konsequent fortsetzen würde, der sieht sich auf interessante Weise zum Umdenken genötigt, denn offensichtlich ist Sophie keine Musikerin, die angetreten ist, Erwartungshaltungen zu befriedigen. Das neue Album ist nämlich eine introspektive, intime und eher zurückhaltend inszenierte Reflektion über die (für Sophie relevanten) großen Fragen des Lebens geworden.
Suchte Sophie in der Reduktion vielleicht nach einer kreativen Herausforderung?„Ja, in der Tat“, bestätigt Sophie, „meine erste Scheibe habe ich mit einer Menge wundervoller Leute auf der ganzen Welt aufgenommen. Dieses Mal wollte ich mir die Auswahlmöglichkeiten ein wenig nehmen, denn ich habe festgestellt, dass unbegrenzte Möglichkeiten mich geradezu paralysieren und der Zugang zu einer Million verschiedener Instrumente mich weniger kreativ werden lässt. Meine Idee war dann die, dass meine Mitstreiter Chris Messina und Zach Hanson und ich sich je auf unsere fünf wichtigsten Instrumente und technischen Hilfsmittel beschränken sollten und wir uns dann mit 14 großen Koffern zu meinen Eltern in den kleinen Ort Canowindra gefahren sind, wo ich aufgewachsen bin und uns dort ein Studio eingerichtet haben.“
Ist das auch der Grund dafür, dass es auf der Scheibe viele Field-Recordings und LowFi Emelente zu hören gibt?
„Definitiv“, bestätigt Sophie, „die Scheibe beginnt mit dem Klang des Öffnens der Tür zu dem Studio – was für mich so ikonisch war, da wir dieses Geräusch jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit hörten. Dazu gehört auch der Wind, den man zuweilen hört. Chris und ich sind dann auch mit einem Recorder durch den Materialschuppen gelaufen und haben auf allem möglichen Herumgeklopft um schöne Geräusche einzufangen, die wir in den Sound mit einbauen wollten. Das gibt einen schönen Kontext.“ Warum klingt das neue Album denn so ganz anders als das Debüt?
„Nun zuletzt gab es richtig gute Alben von Künstlerinnen wie Sharon Van Etten oder Amanda Bergman, die ich mir gerne angehört habe. Und ich denke, ich wollte einfach auch ein solches, gutes Album machen. Dabei habe ich festgestellt, dass weniger oft mehr ist. Nimm zum Beispiel den Track 'Sandwich' der in zwei Mixen auf der Scheibe ist. Der Album Mix ist eine Repräsentation des Raumes, in dem Chris, Zach und ich uns bei den Aufnahmen befanden und der Single-Mix ist für das Radio-Format ausgearbeitet um die Dynamik zu verstärken. Mir war es aber wichtig, die sensibleren Mixe des Albums zu verwenden. Das war eine bewusste Entscheidung.“
Fühlt sich Sophie dabei von den anderen Musikern auch musikalisch inspiriert?
„Ich habe meistens eine bestimmte Piano-Figur als Basis im Kopf, die am besten auch den Lagerfeuer-Test bestehen können sollte, bei dem ein Song auch mit einer einzelnen Gitarre oder auf einem Piano gespielt noch gut klingen muss“, berichtet Sophie, „dabei höre ich natürlich eine große Bandbreite an Künstlern an – auch um mein Unterbewusstsein zu füttern, so dass ich mit mich dem Song dann wieder mit Ideen für Kollaborationen nähern kann. Ich überlege mir dann, was ich einem Song alles hinzufügen könnte und probiere auch eine ganze Menge. Das meiste nehme ich dann allerdings wieder weg.“
Ist das nicht ein wenig aufwendig?
„Also das, was mich dieses Album gelehrt hat, ist die Art, wie ich den Prozess betrachte“, überlegt Sophie, „und bin dabei zuletzt auf den 'weniger ist mehr'-Ansatz gekommen.“ Und was zeichnet – unter dem Strich – einen guten Song aus?
„Ursprünglich ist das ein musikalischer Aspekt – ein bestimmtes Gefühl etwa“, überlegt Sophie, „ich mag zum Beispiel Songs mit konsonanten Sounds und bestimmten Akkordfolgen. Nachdem ich das aber gesagt habe muss ich hinzufügen, dass die Texte schon durchdacht sein müssen, damit mir ein Song gefällt. Es muss ein Gleichgewicht zwischen musikalischen und inhaltlichen Details geben, damit ich als Zuhörer die Anstrengung des Songwriters erkennen kann. Es gibt einfach zu viele Musik, die zu mühelos und auf den bloßen Schönklang reduziert daher kommt.“ Und was bedeutet das für Sophies eigenes Songwriting?
„Für mich ist der Prozess des Song-Schreibens wie ein Puzzle hervorzuholen und einzelne Teile, von denen man nicht sagen kann, was sie zeigen, zusammenzusetzen, bis man dann am Ende das große Ganze erkennen kann.“
Aktuelles Album: Our Two Skins (Jagjaguwar / Cargo) VÖ: 26.06.
Foto: Jess Gleeson