Die meisten Songwriter-Küken, die soeben aus dem Ei geschlüpft sind, begnügen sich ja damit, durch Mimikri und Imitation der Altvorderen allmählich zu einer eigenen Identität zu finden. Nun ist es natürlich auch bei Flo Morrissey aus Notting Hill in London keinswegs so, dass sie mit ihrem Debüt-Album ´Tomorrow Will Be Beautiful´ etwas vollkommen Neues erfindet.
Das von Noah Georgeson produzierte Werk weist aber in Sachen Arrangements, Instrumentierung, Gesangsdarbietung, Songwriting und nicht zuletzt lyrischem Gehalt doch eine beachtliche Portion Vision und Eigenständigkeit auf, die neugierig darauf macht, wie die heute 20-jährige mit den acht Geschwistern, die mit 15 ihren ersten Song ´Show Me´ schrieb, eigentlich so tickt.„Ich bin Teil einer großen, kreativen Familie, aber die einzige, die aus der Musik einen Beruf gemacht hat“, erzählt Flo, „ich bin aber ständig von Leuten umgeben, die mich inspirieren. Meine Familie ist der Anker, um den sich alles dreht. Darin ist die Genese des Albums zu sehen. Es ist aber eine Sache, die ich selbst erst noch vollständig verstehen muss.“
Gab es denn eine musikalische Ausbildung?
„Ja ich habe zunächst klassische Gesangsstunden genommen, bis ich elf war“, bestätigt Flo, „das war die Basis für mich und das ist auch der Grund dafür, warum ich noch heute zuweilen mit diesem Opern-Ansatz singe. Dann habe ich irgendwann aufgehört Gesangsstunden und auch Gitarrenstunden zu nehmen und habe meine eigenen Ideen ausprobiert. Am Ende ist das irgendwie das, was ich immer gemacht habe – auch mit der Schule: Aufhören und mein eigenes Ding rocken.“
Flo sagt selbst, dass sie in ihren Songs eine von ihrem Alter losgelöste, zeitlose Qualität anstrebe. Ist das auch der Grund, warum ihre Texte eher universeller Natur sind?
„Es mag ja ziemlich eigennützig klingen, aber beim Schreiben von Songs darfst Du nicht allzusehr darauf achten, was andere von Deinen Songs halten könnten. Und deswegen denke ich momentan auch noch nicht darüber nach, ob ich einen Song universeller machen sollte, um ein breiteres Publikum ansprechen zu können. Ich denke, dass die Zeitlosigkeit oder die Alterslosigkeit vielmehr etwas ist, das ich für mich in Anspruch nehme. Das ist der Kern, um den sich alles dreht. Ich muss mal sehen, was sich daraus ergibt. Jedenfalls denke ich beim Schreiben nicht darüber nach, wem dieses und jenes gefallen könnte. Ich lerne ja noch.“
Flo schreibt dabei eher über bestimmte Ideen oder Konzepte als konkrete Geschichten, oder?
„Für mich ist alles zunächst mal eine Idee“, meint sie sehr bestimmt, „deswegen heißt das Album auch 'Tomorrow Will Be Beautiful': Man kann ja etwa auch alltägliche Dinge schön finden. Es liegt an jedem selbst, wie man Schönheit empfindet und was man daraus macht. Ich mag es, Ideen zu erkunden und dadurch auch meinen Weg zu finden. Es ist schön, wenn das aus meinen Songs herauszuhören ist.“
Was inspiriert Flo denn einen Song zu schreiben?
„Wenn man jünger ist, dann ist man ja schnell von etwas begeistert“, erklärt Flo, „man ist dann auch schnell mit etwas zufrieden. Was ich gelernt habe, ist dass man sich beim schreiben mehr anstrengen muss, wenn man älter ist. Man muss dann alles verwenden, was zur Verfügung steht – ein Film, ein Buch oder etwa eine Zeile aus unserem Gespräch. Man muss aufmerksam sein und offen für alles als Inspirationsquelle. Und sei diese ein Vogel, der über Deinen Kopf fliegt und Dir eine Idee vermittelt. Man braucht dann auch keinen Heureka-Moment, der einen umhaut – aber jederzeit frische, offene Augen.“
Was ist denn die größte Herausforderung bei all dem für Flo?
„Sicherzustellen, dass ich dem kreativen Prozess nicht zu sehr im Wege stehe, denke ich“, überlegt Flo, „und natürlich nicht zu viel nachzudenken. Es ist aber auch schön, wenn alles zusammenkommt und sich ein Ergebnis dessen, was man tut, herausbildet. Dieses Gefühl ist dann unbeschreiblich.“
Etwa so wie jenes, das sich beim Hören der Songs der Flo Morrissey beim Hörer einstellt ...
Aktuelles Album: Tomorrow Will Be Beautiful (Caroline / Universal)