Es geht immer weiter, wir brauchen Eier! So rief es der ehemalige Nationaltorhüter Oliver Kahn einst seinen Mitspielern entgegen – The Phoenix Foundation haben davon im weit entfernten Neuseeland nichts mitbekommen, halten sich aber trotzdem punktgenau an die Aussagen des selbsternannten Titans: ´Fandango´ lautet der Name ihres neuen Studioalbums und ist ein wahres Mammutwerk an Musik geworden. Niemand habe die insgesamt 80 Minuten Spielzeit geplant, das Ganze auf Normalmaß herunterzukurbeln, wäre aber ebenso wenig machbar gewesen. Erklärt Frontmann Samuel Flynn Scott entschuldigend und hat die Zurückhaltung gar nicht nötig: Für ihn hat das Spiel gerade erst begonnen.
Über Neuseeland wurde in den vergangenen Jahren viel berichtet. Allerdings nicht über den Ist-Zustand des Landes, sondern über die Hollywood-reifen Kulissen, die die Natur am anderen Ende der Welt für Blockbuster wie ´Herr Der Ringe´ oder ´Der Hobbit´ hergibt. Abseits der Kinoleinwand sorgte obendrein die Serie ´Flight Of The Conchords´ für allerhand Gesprächsstoff.„Die beiden Hauptdarsteller sind wirklich witzig, ich muss aber ganz ehrlich sagen, dass man nicht jeden Joke über Neuseeland für voll nehmen darf. So spleenig sind die Leute bei uns überhaupt nicht – eher reserviert und manchmal etwas zu zurückhaltend“, korrigiert The Phoenix Foundation-Chef Samuel Flynn Scott den nerdigen Gesamteindruck.
An musikalischer Finesse fehlt es Neuseeland jedenfalls nicht – mit ´Fandango´ veröffentlicht seine Band dieser Tage einen echten Brocken an Musik und freut sich darüber, dass die Platte keine Minute kürzer geworden ist, als die erstaunlich ausladende Spielzeit es dem Hörer abverlangt.
„Vergiss den Zeitgeist, Alben verkaufen sich so oder so nicht“, lacht Scott, „wir wollen damit all denen eine gute Reise bescheren, die immer noch ein Stück Gate-Fold Vinyl zu schätzen wissen und es mögen die einzelnen Seiten zum Weiterhören umzudrehen. Zudem ist ‚Fandango‘ eine prima Grundlage um damit auf Tour zu gehen.“
Wobei allein der Schlussakkord ´Friendly Society´ einen guten Teil der Set-List einnehmen dürfte – mit 17 Minuten Länge das wuchtigste Stück auf ´Fandango´, dass zugleich alles zusammenfasst, was vorher auf der Platte passiert:
Aufgenommen in den eher ländlichen Regionen Neuseelands, fordern The Phoenix Foundation nicht nur das Gitarren-dominierte Independent-Genre heraus, sondern driften oft ins Psychedelische, um vor dort aus ihrer Liebe zu Bands wie Pavement, Television oder Underground-Acts wie Harmonia gerecht zu werden.
Das ihnen dabei keine Langatmigkeit unterläuft und ´Fandango´ sich nicht in Wohlgefallen verliert, ist Scott’s Truppe hochanzurechnen: „Den Spannungsbogen haben wir immer im Auge behalten. Es nützt dir als Musiker wenig, wenn die Songs im Studio bestens funktionieren und dann bei euch daheim schlecht ankommen.“
Beschreibt er das allgemein-gültige Credo während der Sessions und setzt sogar einen drauf:
„Wir hatten alles in allem 25 Tracks beisammen und hätten mit Leichtigkeit drei Scheiben füllen können. Allerdings entschieden wir uns bewusst gegen den Plan, weil er das Maß an Aufmerksamkeit doch überschreitet.“
Welch weise Entscheidung, da die ersten Kritiken ´Fandango´ über den Klee loben und zugleich die Macher dahinter erleichtern. Obwohl The Phoenix Foundation niemals an der Qualität der Songs gezweifelt haben, sind sie glücklich darüber, dass sie mit ihrer Meinung nicht allein dastehen.
„Sonst sind gute Kritiken oder Awards in Neuseeland eher etwas, dass wir unseren Eltern rüberschieben, damit die sich keine Sorge machen müssen“, erzählt Samuel Flynn Scott mit leichtem Schmunzeln, „dieses Mal war es allerdings so, dass wir schon darauf gewartet haben, was andere über ‚Fandango‘ meinen. Zum Glück wurden wir nicht enttäuscht.“
Wobei die Band fast selbst eine kleine Familie ist: Mit aktuell sechs festen Mitgliedern stellt man sich gerade das Touren stressig vor, doch dank viel Eigenengagement ist der jeweilige Tour-Tross gar nicht so groß wie angenommen.
Ganz im Gegenteil, korrigiert Scott sogleich: „Wir machen vieles selbst, Aufbau, Abbau und sonstige Aufgaben. Da kommen dir sechs Kollegen natürlich zugute.“
Passt also bestens zum opulent-arrangierten ´Fandango´ und würde Oliver Kahn auch nur den Hauch an Interesse für Indie-Musik hegen, er wäre beeindruckt. Weiter, immer weiter – The Phoenix Foundation wissen worum es geht.
Aktuelles Album: Fandango (Memphis Industries / Indigo)