Mit ´Vertikal´ bringen Cult Of Luna ihren sechstes Album auf den Markt. Zwischen heute und der Platte ´Eternal Kingdom´ liegen nahezu fünf Jahre. „Eine neue CD machen wir nur aus rein künstlerischen Gründen“, führt Sänger und Gitarrist Johannes Persson in die Arbeit der Band ein, „wenn wir keine Aussage zu treffen haben, dann sagen wir auch nichts. Fertig.“ So entspannt kann natürlich nur reden, wer nicht zwingend von seiner Kunst leben muss. Auch leben die einzelnen Mitglieder räumlich weit voneinander entfernt. „Wenn wir also beginnen an neuem Material zu arbeiten, muss diese Arbeit organisiert angegangen werden“, nimmt Johannes Persson den Faden wieder auf, „noch bevor wir damit angefangen haben, an neuen Liedern zu arbeiten, sollte ein Thema klare Strukturen vorgeben, damit der Schreibprozess nicht unnötig verkompliziert wird.“
Das Reich der VertikalenDie Themenkomplexe von Fritz Langs futuristisch-expressionistischem Stummfilm ´Metropolis´ werden von Cult Of Luna aufgegriffen. In ihren aktuellen Stücken verarbeiten sie die beiden Richtungen der Vertikalen. Die lotrechte, rechtwinklig zur Erdoberfläche aufsteigend beziehungsweise die auf den Erdmittelpunkt gerichtete. Cult Of Luna vermessen musikalisch die Welt zwischen Turm und Tiefe. Die zwischen Oben und Unten.
„Da Metropolis ein Stummfilm ist, waren unsere Ohren nicht schon von Beginn an voreingenommen“, erklärt Johannes Persson, „es gab nur die Bilder, die auf die unterschiedlichen, teils weit voneinander entfernt lebenden Bandmitglieder wirkten.“
Da alle Musiker von Cult Of Luna schreiben, entstehen so zunächst ungefilterte, individuelle Skizzen, die im virtuellen Proberaum des Internet hin und her gereicht werden.
„Dabei fand bei jedem von uns einerseits eine Auseinandersetzung mit Stadt und ihren vertikalen Verläufen statt, mit den Menschen, die darin leben aber auch mit den sich stets wiederholenden, monotonen Abläufen von Leben und Verläufen von Architektur“, skizziert er die Herangehensweise weiter, „in diesem Stadium der Arbeit schicken wir jedoch nicht nur Töne auf die Reise. Auch Bilder.“
Die Kraft der Begegnung
Der massige Bandklang von Cult Of Luna mit seinen wellenbrecherischen Rhythmen und Harmonien kann aber letztlich nur im persönlichen Aufeinandertreffen der Bandmitglieder erschaffen werden. „Das Internet kann kein gemeinsames Musikzieren ersetzen“, stellt Johannes Persson klar, „die positive Kraft des persönlichen Aufeinandertreffens der Musiker verändert die bereits existierenden Skizzen teils total. Doch sind wir in der Lage, durch deren Vorliegen im Proberaum schnell und effektiv zu arbeiten.“
So werden die klanglichen Vermessungen des Unten zwar auch erdig und wuchtig, doch in diesem Unten stehen in Fritz Langs Metropolis auch die überdimensionalen Maschinen, die tagaus tagein quälend einförmig und eintönig laufen. Diesem Aspekt wird von Cult Of Luna durch den Kunstgriff der ewigen Wiederholung von Musik Rechnung getragen. Wiederholungen bis an den Rand der Unerträglichkeit. So wird im Stück ´Vicarious Redemption´ die Monotonie über satte 19 Minuten variiert. Wenn anschließend der Weg nach oben und das Oben klanglich reflektiert werden, dann wird es deutlich filigraner und ätherischer. Und doch hat dieser Weg nach oben nicht weniger explosive Kraft, als das wild brodelnde Unten.
Massives Verweben von Klangebenen
Aus diesem Gegensatzpaar von Turm und Tiefe und ihren gegenseitigen Reibungen erwächst von der ersten bis zur letzten Note eine Spannung, die stets zwischen An- und Entspannung changiert und dabei auch die schmerzhaften Übergänge nicht ausspart. Cult Of Lunas neues Werk ´Vertikal´ wächst mit jedem weiteren Hören beachtlich. Wird flutwellenartig anschwellend groß und größer. Durch das massive Verweben von unzähligen Klangebenen wird ´Vertikal´ fast übermächtig. Hinzu kommt der brüllend archaische Gesang Die Musik schickt das Publikum auf eine Reise zwischen Turm und Tiefe, in der es sich irgendwo dazwischen in stetiger Gleichförmigkeit verliert. Vermutlich sogar verlieren soll, um dadurch dem eigenen,freien Denken wieder Raum zu geben. Denn genau dieser freie Geist ist für das Schaffen von Cult Of Luna so grundlegend.
„Exakt deshalb sind wir auch keine Band, die mit Genres etwas anfangen kann, das würde uns doch kreativ zu sehr begrenzen“, beschließt Johannes Persson die launige Plauderei.
Aktuelles Album: Vertikal (Indie Recordings / Edel)