Als die kanadischen Zwillinge Tegan & Sara Quin ihre musikalische Laufbahn begannen, wurden sie allerorten als Folk-Punk-Duo verschrien – obwohl sie selber (und ihr Mentor, Neil Young, auf dessen Vapor-Label sie sind) das gar nicht gerne hörten. Davon kann im Falle des neuen Albums, „The Con“, beim besten Willen keine Rede mehr sein. Denn hier kreierten Sie mit intuitiv kombinierten Versatzstücken aus Rock, Pop, Elektronik, Punk und sogar Prog-Rock – in Tateinheit mit wortreichen Texten - eine einzigartige Melange, die man fast als eigene Nische bezeichnen können.
In gewisser Weise war das auch der Plan, wie uns Sara erklärt – die ein Mal als die ruhigere der beiden Schwestern galt, inzwischen aber - was die Redefreudigkeit betrifft - mühelos zu Tegan aufgeschlossen hat.„Natürlich möchte man sich als Musiker nicht wiederholen“, führt sie aus, „wir haben uns zwar nicht hingesetzt und überlegt, wie wir etwas machen könnten, was es vorher noch nicht gegeben hat – einfach, weil sich das seltsam angefühlt hätte - aber wir haben uns bemüht, unsere Grenzen auszuloten. Es war aber mehr ein natürlicher Prozess. Chris Walla, unser Produzent, hat uns immer gesagt, dass wir einfach wir selber sein sollten."
Welche musikalischen Inspirationen stehen denn hinter dem – sehr eklektischen – neuen Werk?
„Ich bin kein Freund davon, die musikalischen Einflüsse aufzulisten – weil mich selbst so etwas beim Schreiben nicht interessiert", meint Sara, "dieses Mal war es aber so, dass Chris Walla mir empfahl, 'Another Green World' von Brian Eno anzuhören, als ich ihm die ersten Songs schickte. Ich kannte die Scheibe nicht, aber ich muss gestehen, dass ich sie jetzt sehr liebe. Besonders die Instrumentals. Ich wollte dann sogar, dass meine Songs wie diese Instrumentals klingen sollten. Diese Scheibe scheint so, als habe Brian die Sounds auf der Scheibe gefunden. Man kann nie sagen, ob dieser oder jene Klang eine Gitarre oder ein Keyboard ist. Das wollte ich auch.“
Und das ist Sara zweifelsohne auch gelungen. Die verschiedenen Instrumenten-Sounds – und auch die Stimmen – werden dermaßen kunstvoll miteinander verwoben, dass am Ende etwas Neues daraus entsteht. Dabei klingt das Ganze aber keineswegs zerstückelt, sondern ziemlich organisch – was vielleicht auch daran liegen mag, dass sich die Schwestern heutzutage besser verstehen, als noch bei dem letzten Album "So Jealous" und wesentlich enger zusammenarbeiten – sowohl, was die Musik betrifft, als auch bezogen auf die fantasievollen Harmoniegesänge, die es in dieser Perfektion bislang noch nicht zu hören gab. Was aber hat es mit dem im Titel der CD genannten "Gaunerstück" auf sich?
„Das war Tegan's Idee“, erläutert Sara, „sie sagte, dass sie mir erklärte, dass sich zuweilen wie eine Betrügerin fühle, wenn sie sich Leuten vorstellte, einfach in dem Sinne, dass sie bei diesem Prozess nur einen Teil ihrer Persönlichkeit offenbare – die komplizierten oder dunklen Seiten dabei aber bewusst ausspare. Das kann ich nachvollziehen. Nicht nur bei romantischen Beziehungen, sondern auch in Geschäftsbeziehungen oder auf der Bühne, erschafft man diese Persona, die nicht ganz man selber ist. Diese Idee gefiel mir. Nicht in Bezug auf meine Songs, sondern so, wie ich mich fühlte. Man zweifelt schließlich ja doch irgendwo immer mal wieder an sich selbst. Das ganze Leben ist letztlich – so gesehen – eine Betrügerei.“
Auf keinen Fall ist aber "The Con" eine Betrügerei! Denn hier bekommt der Hörer nicht nur einen soliden Gegenwert für sein Geld, sondern auch einen erhellenden Einblick in die zuweilen wundersame Welt der Schwestern Quin.
Aktuelles Album: The Con (Warner)
Foto: Autumn de Wilde