Wenn Nomen Omen sind, dann ist dieses ein gutes! Jemand, der sowohl Elvis als auch Perkins heißt ist ja geradezu dazu prädestiniert, Musik zu machen. Dieser Elvis hier ist der Sohn des Schauspielers Anthony Perkins – der zu seiner Zeit durchaus auch als Musiker reüssierte. Perkins legt mit „Ash Wednesday“ – nach einer sorgfältigen Ausbildung und Vorbereitungszeit - nicht nur sein Debüt als Songwriter vor, sondern zusätzlich auch eine Art persönlicher Bestandsaufnahme: Elvis´ Mutter, die Schauspielerin Berry Berenson war Passagierin auf einem der Todes-Flüge vom 11. September.
Der am Aschermittwoch nach dem Anschlag entstandene Titelsong des Albums ist ihr Nachruf. Wie geht man als Songwriter mit einem solch gravierenden Thema um?„Der Song selbst drückt das, was ich fühle und wie ich mit dem Thema umgehe, sehr viel besser aus, als ich selber das könnte“, erklärt Elvis, „obwohl das Stück selber sich mit mehr als einer Ebene der Erfahrung beschäftigt. Wie ich damit umgehe, kann ich selber gar nicht sagen – so wenig eine Wolke sagen kann, wie sie Regen macht. Das ist einfach was ich tue und wer ich bin.“
Wie funktioniert denn der Songwriter Elvis Perkins?
„Mir ist es selbst ein Rätsel, wie alles zusammenpasst oder was einen Song für mich auslöst“, gesteht er, „ich denke, es ist irgend etwas, was man selber sieht und erlebt und was dann eine bestimmte Bedeutung hat und ein neues Licht auf eine Sache in dieser überwältigenden Wolke wirft, die unser Denken und Handeln in Zeiten des Informations-Überflusses und Chaos verdunkelt.“
Das klingt ja relativ unverbindlich. Gibt es diesbezüglich ein Rezept, den Zuhörer einzubeziehen?
„Ich schreibe nur über das, was mich selbst und die Logik und Sprache des jeweiligen Songs betrifft“, erklärt Elvis, „der Zuhörer soll dabei aber eigentlich nur ein allgemeines Gefühl ‚mitnehmen’, das dann hoffentlich auch irgendwie Gestalt annimmt.“
Ist das der Grund, warum Elvis keine klassischen Geschichten in seinen Songs erzählt?
„Ich betrachte meine Texte eigentlich gar nicht als Texte“, erklärt er überraschenderweise, „sondern als notwendigen Teil der Struktur die sich ergibt, wenn man die Worte mit der Musik verwebt. So, wie man das Raum-Zeit-Kontinuum als eine einzige Substanz betrachten kann. Texte sind für mich wie das mythische Biest, von dem man manchmal träumt.“
Was immer das jetzt zu bedeuten haben mag. Kann man das an einem Beispiel verdeutlichen – z.B. dem epischen Opener „While You Were Sleeping“, in dem Elvis zu einer schlafenden Person singt – ein bisschen so, wie die Schauspieler in Krankenhausdramen sich mit ihren im Koma liegenden Lieben unterhalten.
„Also ich singe da gar nicht zu einer einzelnen Person, sondern zu einer ganzen Rasse von schlafenden Wesen“, antwortet er eher ausweichend, „und genauso singe ich zu mir selber – womit wir wieder bei der Einheit wären. Das große ALLES passiert hier und wir haben dabei unsere Augen geschlossen.“
Bereits jetzt findet sich in Elvis Songs ein reichhaltiges Sammelsurium an Zutaten – von Kinderchören bis zu schrägen Blaskapellen und Schrammelgitarren. Gibt es eine musikalische Vision, der der Meister zustrebt?
„Klar habe ich eine Vision“, erklärt Elvis, „aber sie muss irgendwie gesungen werden. Versuchte ich sie zu erklären, dann würde das diese irgendwie behindern. Ich kann nicht von mir behaupten, dass ich darüber nachdächte, wie ich mich als Musiker sehe. Mein einziges Ziel ist, mich selbst ohne Illusionen oder Erwartungen wahrzunehmen und dabei auch nicht darüber nachzudenken, wie andere mich sehen. Darauf habe ich sowieso keinen Einfluss.“
Ähnlich wie die Antworten von Elvis Perkins funktionieren auch seine Songs auf einer eher vegetativen Ebene. Vielleicht zeichnet ihn ja gerade das aus? Wenn die Geschichte auch ein Omen ist, dann wird Elvis zweifelsohne zu den Großen seiner Zunft aufschließen.
Aktuelles Album:
Ash Wednesday (Beggars / Indigo)