Waliser sind schon etwas Besonderes: Sie haben eine Sprache, die nicht einmal ihre direkten Nachbarn verstehen können, sie haben Ortsnamen, die zuweilen länger sind als die Schilder, auf denen sie geschrieben stehen und sie haben Gorki´s Zygotic Mynci, eine der seltsamsten Bands der westlichen Hemisphäre, die mit ihrer wilden Mischung von Folk, Zirkusmusik, Schrammelrock und Vaudeville schon so manchen Musikfreund verschreckt, aber auch fasziniert hat. Euros (sprich E-Juros) Childs gehört zu dieser Truppe und nachdem man beschloss, dort eine kreative Auszeit zu nehmen, nutzte er die Gelegenheit, um im Alleingang eine Scheibe einzuspielen. Es erstaunt dann nicht wirklich, dass dieses Werk mit Namen „Chops“ zumindest ein wenig wunderlich geraten ist. Wobei es auf der anderen Seite auch eine astreine Pop-Scheibe mit Schräglage wurde. Das ist aber kein Widerspruch, wie uns der Meister erklärt.
„Ich glaube, meine Scheibe hat kein Thema“, erzählt Euros, „aber ich habe versucht, eine Menge fröhlicher Songs zusammenzufassen. Sie sollten nicht so introspektiv sein, wie vieles was man von den Gorki´s kennt, sondern lieber gute Laune verbreiten. Das ist vielleicht mein Thema. Mir erscheint es wie melodische Popmusik. Jedenfalls meine Art, Popmusik zu machen.“Und das bedeutet im Falle von Euros Childs: So viele Ideen wie möglich in einen Song hinein zu packen. Das Ergebnis ist eine der unterhaltsamsten Independent Scheiben der letzten Jahre.
„Also für mich ist immer die Melodie am wichtigsten“, verrät Euros sein Rezept, „die Melodie treibt den Song an und die Texte dienen nur dazu, die Melodie zu unterstützen. Die Melodie bestimmt, wo es lang geht und welche Stimmung der Song hat. Wenn alles zusammenpasst, dann ist der Song okay für mich. Ich gebe ja zu, dass für viele Leute die Worte wichtiger als die Musik sind – bei mir aber nicht.“
Auf „Chops“ arbeitet Euros wesentlich mehr mit Keyboards, als diese bei den Gorki´s üblich waren – gleichwohl spielt der Folk hier wie dort auch immer eine Rolle. Z.B. bei den drei auf walisisch gesungenen Songs. Was fasziniert jemanden wie Euros denn so an der Folk-Musik, Ist es vielleicht die Mystik? „Da bin ich mir nicht so sicher“, zweifelt er, „ich denke, dass Folk-Musik zu ihrer Zeit so eine Methode war, lokale Nachrichten zu verbreiten. Das kann man heutzutage nicht mehr nachvollziehen. Was nun meine Songs betrifft: Ich weiß nicht genau, wie mein Hirn tickt. Wenn wir zum Beispiel einen Song wie ‘Stella Is A Pigmy’ nehmen: Auch wenn es sich anhört, als habe ich mir dabei etwas gedacht, muss ich doch zugeben, dass ich viele Songs einfach aus einer Eingebung heraus schreibe. Ich selbst habe keine Idee, um was es dabei gehen könnte, und das ist für mich das Interessante. Das ist, als versuchtest Du als Kind die Konversation von Erwachsenen zu verstehen, die sich für Dich anhören, wie aus einer anderen Welt. So etwas versuche ich mit meinen Texten zu erreichen. Die machen keinen Sinn, sind nicht schwarz oder weiß, sondern können alles Mögliche bedeuten.“
Bedeutet das, dass Euros´ Musik auch für Kinder geeignet ist?
„Ja, durchaus“, bestätigt Euros, „ich habe z.B. eine kleine Nichte, die anderthalb Jahre alt ist, der ich meine Songs vorspiele. Sie mag z.B. ‘Costa Rita’ sehr. Es ist ein guter Gradmesser dafür, ob ein Song etwas taugt, wenn er einem Kind gefällt, denn es ist eine große Herausforderung, mit Musik das Interesse eines Kindes zu erringen.“
In diesem Sinne ist „Chops“ also ein wahrlich generationenübergreifendes Werk geworden. So etwas bringen nur Waliser zustande!
Aktuelles Album: Chops (Cooperative Music)