Eine im klassischen Sinne konventionelle Karriere als Musikerin hat die schwedische Songwriterin Amanda Bergman nun wirklich nicht absolviert. So begann sie ihre Laufbahn zwar bereits 2010 unter den Pseudonymen Hajen und Idiot Wind und veröffentlichte bis 2014 einige Singles und EPs. Dann aber schloss sie sich 2013 der Band Amason als Sängerin an, in der sie bis heute tätig ist. Daneben arbeitete sie mit Kristian Matsson a.k.a. The Tallest Man On Earth zusammen, mit dem sie zwischenzeitlich verheiratet war. Erst 2016 erschien dann ihr Debütalbum „Docks“, das sie unter ihrem eigenen Namen herausbrachte. Danach allerdings nahm sich Amanda erst mal eine Auszeit, gründete mit ihrem aktuellen Partner Petter Winneberg – der auch bei Amason mitwirkt – einen alternativen Bauernhof den sie als Aktivistin nach den Prinzipien einer nachhaltigen und ethischen Landwirtschaft betreibt. Heute ist sie zudem die Mutter zweier Kinder und macht nur noch dann Musik, wenn sie Zeit und Muße dazu findet – was dann auch erklärt dass ihr zweites Solo-Album erst jetzt erscheint. Langweilig wurde es Amanda allerdings nicht in der Zwischenzeit.
Dennoch stellt sich ja die Frage, warum es einen so großen Abstand zwischen dem ersten und dem zweiten Album „Your Hand Forever Checking On My Fever“ gab?„Nun, wir leben in einer Gesellschaft, die die Spezialisierung als solche bevorzugt“, erklärt Amanda, „das wird uns schon in der Jugend eingetrichtert – aber ich habe das nie verstanden. Ich bin dann lieber ganz gut in verschiedenen Sachen als super gut in nur einer. Was mich dann wieder zur Musik gebracht hat, ist schlicht meine Liebe zur Musik. Musik ist für mich eine Art Religion – so wie die Natur auch."
Wenn man Musik als Religion betrachtet, dann kommen ja auch spirituelle Aspekte ins Spiel.
„Ja – zumindest für Menschen, die daran interessiert sind, ihre geistige Gesundheit zu bewahren und die Erfahrungen mögen, durch die sich kleine, subtile Veränderungen an sich selbst spüren lassen“, führt Amanda aus, „dabei geht es gar nicht darum, ob man der Sender oder der Empfänger ist. Es geht darum, sich über die Musik selbst zu spiegeln."
Auf dem neuen Album beschäftigt sich Amanda mit einschneidenden Erlebnissen aus ihrem Leben – wie etwa den Tod ihres Vaters oder der Geburt ihrer Kinder. Der Titel des Albums, „Your Hand Forever Checking On My Fever“ ist dabei in Erinnerung an die bedingungslose Liebe der Beziehung als Hommage an ihren Vater gedacht. Stand das als Thema bereits im Raum als sie mit dem Projekt begann?
„Ich weiß gar nicht“, zögert Amanda, „ich folge für gewöhnlich dem, was am einfachsten ist. Nicht in dem Sinne, dass ich den Weg des geringsten Widerstandes beschreite, sondern in jenem, dass ich ohne großes Konzept an eine Sache herangehe. Ich denke, dass ich der Musik alleine nie so viel Raum in meinem Leben geben würde, dass ich einen Plan machen würde. Also schaue ich immer nach vorne, anstatt mich in Zweifeln zu ergehen oder die Sache zu sehr zu durchdenken. Ich möchte stattdessen die Sache im Fluss halten. Mag sein, dass ich dann vielleicht einen Song für nicht gut genug erachte – aber ich denke dann schon immer an den nächsten. Das ist die richtige Art von Energie für mich, weil ich allergisch dagegen bin, zu überlegen, ob das, was ich gerade mache, gut genug sein könnte. Ich denke, das ist ein guter Beitrag für die Gesellschaft. Wenn immer sich ein Zweifel einstellt, dann schaue ich nach vorne."
Inwieweit wirkt sich das denn auf die Musik Amandas aus? Amanda hat sich für einen Stil zwischen Indie-Pop und Westcoast-Flair entschieden und verzichtet auf die typischen Skandenamericana-Elemente, die in diesem Zusammenhang vielleicht zu erwarten gewesen wären. Viele der neuen Songs sind aber nicht wie Pop-Songs formatiert, sondern nehmen den Hörer mit auf eine Entdeckungsreise – oft in der offenen Form eines organischen Pulses.
„Ja, genau“, pflichtet Amanda bei, „manche sind zu lang, manche gehen vielleicht in die falsche Richtung und das ist dann mein Prozess. Ich bin lang genug Musikerin, um zu wissen, wie ich einen griffigen Popsong strukturieren müsste - aber irgendwie vermeide ich das, wenn ich spüre, dass es in diese Richtung gehen könnte und suche mir dann etwas anderes, weil ich möchte, dass mir der Zuhörer auf halbem Wege entgegen kommt, wenn es darum geht, den Song zu entdecken. Ich bin da irgendwie auch unausstehlich."
Was inspiriert Amanda auf der musikalischen Ebene? Es gibt ziemlich viele interessante Details wie z.B. Bläser, Keyboards oder Effekte, die sich im Flow der Songs verbergen.
„Nun ich mache ja meine Musik nicht alleine, sondern zusammen mit meinem Mann Petter Winneberg, der ja auch meine Musik produziert“, führt Amanda aus, „aber was die Struktur der Songs angeht, sind es immer die Drums und der Bass, die die Richtung vorgeben. Es kommt dann auch darauf an, welche Musiker man für welche Instrumente einsetzt. Das ist die Magie der Musik: Man hat einfach Drums, Bass, Gitarre und Keyboards und es gibt unendlich viele Arten, auf die es dann klingen kann, weil es so viele Möglichkeiten gibt. Man braucht es gar nicht zu verkomplizieren. Teil des Handwerks ist es dabei, sich den fertigen Song vorstellen zu können, je nachdem, welche Musiker sich gerade im Raum befinden. Mir geht es darum. Die Einfachheit zu suchen und dabei auf Nuancen zu achten."
Als eingeschworene Indie-Künstlerin, landwirtschaftliche Aktivistin hat Amanda Bergman auch weiterhin viel zu tun. So muss sie sich ja sowohl um den Farmbetrieb, wie auch die Erziehung ihrer Kinder kümmern – fand aber nebenher dennoch Zeit, ein eigenes Label namens Cow Cow zu gründen und hat nach der Veröffentlichung des neuen Albums für den Herbst bereits eine Tour geplant, die sie auch in unsere Breiten führen wird.
Aktuelles Album: Your Hand Forever Checking On My Fever (CowCow Records / Bertus) VÖ: 07.06.
Weitere Infos: https://www.facebook.com/amasonband