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RABEA

Die eigene Schublade

RABEA

Von eindringlich und sehnsuchtsvoll bis stürmisch und majestätisch – die Bandbreite ist groß auf ´Kingdom´, der neuen EP der in Hannover heimischen Cellistin und Singer/Songwriterin Rabea. Schon vor vier Jahren glänzte sie auf ihrem Debüt ´Ask For The Moon´ mit feinsinnigen Alternative-Pop-Songs und einem Brückenschlag zwischen den Welten, mit ihrer just erschienenen neuen EP hebt sie ihr Tun nun auf die nächste Stufe. Im September stellt sie das neue Werk auf einer deutschlandweiten Tournee auch live vor.

Als Mitglied der Indie-Folk-Lieblinge Leaves And Trees, Begleiterin von Eva Croissant, Sidekick von Linda Rum und immer wieder als Gastmusikerin verschiedener Bands und Projekte bringt Rabea schon seit Jahren ihr Cello abseits der strikt traditionellen Pfade zu Geltung. Mit ihrer zunehmenden Fokussierung auf ihr Tun als Solistin hat sich die Beziehung zu ihrem Instrument aber ein wenig gewandelt.

„Die Beziehung zu meinem Cello hat sich vor allem sehr geändert, als ich angefangen habe, mir meine eigenen Melodien auszudenken und Musik zu machen, die nicht von irgendwo vorgegeben war“, erklärt sie im Westzeit-Interview. „Ich hatte ja von klein auf klassisches Cello gelernt und war es daher gewohnt, nach Noten zu spielen. Es ging dabei irgendwie immer darum, in eine bestimmte Schublade zu passen. Ich habe mich aber nie so wirklich passend gefühlt – auch wenn ich mein Cello und das Cellospielen trotzdem sehr geliebt habe. Ich habe jetzt das Gefühl, dass ich meine eigene Schublade so gestalten kann, wie ich es möchte, und das fühlt sich viel besser und freier an."

Tatsächlich rückt sie ihr Instrument auf ´Kingdom´ stärker als zuvor in den Mittelpunkt, ohne deshalb ihre popmusikalischen Ambitionen zu vergessen. Beeinflusst von Künstlerinnen und Künstlern wie SOHN, Ólafur Arnalds oder Catt, sind das Ergebnis Songs, die stilistisch ein großes Terrain abdecken, dennoch aber stets wohlüberlegt und fokussiert klingen. Es sind Songs, mit denen Rabea nicht nur textlich komplexe Gefühle verhandelt, sondern sich auch klanglich aus alten, selbstgebauten Mauern befreit und sich dabei ganz auf ihr eigenes Gespür und auf ihre eigene Kreativität stützt, oder wie sie es selbst ausdrückt: „´Kingdom´ ist für alle, die sich von ihrem inneren Kritiker und ihrem Perfektionismus lösen wollen und dafür eine Schippe Mut gebrauchen können – und natürlich für Menschen, die den Klang des Cellos und Alternative Popmusik lieben.“ Behutsam aufgeschichtete elektronische Sounds und Beats bieten ihr dabei die ideale Spielwiese für einnehmende Streicher-Arrangements, mit denen sie ihr Publikum in eine intime und doch imposante Traumwelt entführt, in der die Grenzen zwischen Zeitgeist und Zeitlosigkeit verschwimmen.

Doch nicht nur künstlerisch macht Rabea mit ´Kingdom´ einen Satz nach vorn. Auch die Tatsache, dass die neue EP ihre erste Veröffentlichung ist, die auf Vinyl erscheint, unterstreicht, dass alles nun eine Spur professioneller, aber dadurch auch ernster geworden ist.

„Der Rahmen hat sich deutlich geändert, aber ich glaube, im Kern ist meine Intention beim Songwriting immer noch die gleiche“, gesteht sie. „Ich möchte ein Gefühl ausdrücken, das mich beschäftigt und von dem ich glaube, dass ich nicht die Einzige bin, die es hat, und es in Musik und Worte übersetzen. Ich hoffe, dass sich die Menschen dadurch gesehen fühlen, weniger allein mit dem Gefühl dastehen und Hoffnung darin finden können."

Doch nicht nur musikalisch weiß Rabea inzwischen besser denn je, was sie will. Auch von ihrem idealen Auftrittsort hat sie klare Vorstellungen.

„Ich mag es gerne, wenn die Location etwas alternativer aussieht“, verrät sie. „Sie muss gar nicht riesig und pompös sein, sondern eher gemütlich und Wärme ausstrahlen. Ich denke intuitiv an einen Holzboden, alte Sessel und Stühle, die aussehen wie vom Flohmarkt. Diese alten Stehlampen mit den großen Schirmen und einer Kordel zum Anknipsen und einen geknüpften Teppich auf der Bühne. Einer meiner Lieblingslocations ist zum Beispiel der Hutmacher in Wuppertal – wo ich auch auf der kommenden Tour wieder spielen werde."

Anders als in der Vergangenheit, als sie zumeist mit einer Band im Rücken unterwegs war, bestreitet sie die Shows im September solo, nur mit ihrer Loopstation als Begleiter. Doch was macht für sie eigentlich den Reiz der Solokonzerte gegenüber den Band-Auftritten aus?

„Ich hatte eine tolle Band mit tollen Musiker:innen, die ganz viele tolle Sachen mit meiner Musik gemacht haben, aber für das Cello war es immer schwer, seinen Platz in dem Kontext zu finden“, erklärt sie die Veränderung. „Es hat eher mit anderen Instrumenten konkurriert und diesen Kampf nicht selten verloren oder spielte manchmal nur eine beiläufige Rolle."

Außerdem wollte sie irgendwann in der Lage sein, auch kleinere Auftrittsanfragen anzunehmen und einfach ein Stück weit unabhängiger zu sein, was mit dem Cello als Melodieinstrument zunächst gar nicht so leicht war.

„Als ihr mir dann mein Setup mit meiner Loopstation zusammengestellt hatte, habe ich aber auch gemerkt, dass die auch Vorteile hatte“, erinnert sie sich. „Durch mein Solo-Programm bekommt das Cello den Platz, den ich ihm schon immer geben wollte. Damit will ich nicht sagen, dass ich nie wieder mit Band spielen werde oder dass das nicht auch mit Band möglich wäre. Aber der Schritt war nötig – alles einmal runterzubrechen, um zu schauen, worauf ich eigentlich aufbauen möchte."

Aktuelle EP: Kingdom (Eigenveröffentlichung)


Weitere Infos: rabea-music.com Foto: Birk Schoeneich

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