Manchmal liegt's vielleicht am Namen? Als der kanadische Songwriter Grant Davidson 2014 mit „Beauty Is So Common“ sein erstes Album unter dem Namen Slow Leaves veröffentlichte, war das nicht nur ein Versuch, mit der Analogie von fallenden Blättern den melancholischen Flow seiner Folk-Pop-Songs metaphorisch einzufangen, sondern auch ein Neuanfang, denn zuvor hatte Grant bereits drei selbst aufgelegte Alben unter eigenem Namen veröffentlicht, ohne dass diese ihm die Türen zu einer soliden Songwriter-Laufbahn hätten öffnen können. Mit der Namensänderung kam dann der Erfolg. Heutzutage zählt Grant zu den produktivsten Vertretern seiner Zunft, der mit „Meantime“ nun bereits sein fünftes Slow Leaves-Album vorlegt. Das Interessante dabei ist dann der Umstand, dass sich gegenüber früher eigentlich ja gar nicht so viel geändert hat. Mal abgesehen davon, dass Grant seine sein Material heutzutage auf dem profilierten Make My Day-Label veröffentlicht, ist Slow Leaves im Grunde genommen immer noch eine One-Man-Show. Auch das neue Werk ist – wie auch schon sein letztes Album „Holiday“ - wieder in Heimarbeit entstanden.
„Ja, ich habe auch dieses Mal zunächst alles selbst gemacht“, berichtet Grant, „aber ich wollte einen richtigen Drummer auf der Scheibe haben. Also habe ich die Drumparts programmiert, und dann Ryan Voth gebeten, diese Arrangements dann nachzuspielen. Die Streicher-Parts habe ich auf Keyboards komponiert – dann aber diese als Noten ausgedruckt und von einem Streichensemble einspielen lassen."Dabei war gerade die Sache mit den Streichern auf dem Song „Say Goodnight“ Neuland für Grant. Worum geht es ihm auf der musikalischen Seite?
„Ich würde gerne sagen, dass ich auf jeder Scheibe ein wenig mehr loslassen kann und mehr Risiken eingehe“, überlegt Grant, „mir ist schon klar, dass ich keine Avantgarde-Musik wie ein Jazz-Musiker schreibe, aber mein Ziel ist es, ehrlich zu sein und mir weniger Gedanken darüber zu machen, was andere von mir hören wollen und für gut befinden. Ich stelle sogar in Frage, was ich für gut halte und versuche einfach, die Dinge laufen zu lassen. Ich hoffe, das mit jeder Scheibe zu erreichen und ich habe das Gefühl, dass es auf der letzten und der neuen Scheibe mehrere Momente gibt, wo mir das auch gut gelungen ist. Es ist ein Wachstumsprozess für mich als Künstler."
Bei den meisten Slow Leaves Scheiben geht es um den Menschen Grant Davidson, der sich durch seine Songs mit selbstironischer Distanz sozusagen porträtiert. Das ist Grant selbst auch durchaus bewusst: Sein 2017er Album nannte er augenzwinkernd „Enough About Me“ und mit seinem letzten Album „Holiday“ wollte er sich gar eine Auszeit von sich selbst nehmen. Auf dem neuen Album bemüht er sich demzufolge den Rahmen zu erweitern und die Dinge aus der Vogelperspektive zu betrachten. Mit dem erklärten Ziel, ein Album zu machen, auf das nicht nur er, sondern vor allen Dingen seine Frau stolz sein könnte.
„Ja, ich möchte meine Frau stolz auf dieses Album machen“, meint Grant, „denn auf gewisse Weise hat sie viel für mich geopfert. Etwa in Bezug auf unseren Lebensstil. Ich meine wir kommen zurecht – aber wir sind nicht reich und die Sache hätte besser sein können, wenn ich einen richtigen Beruf hätte. Wir könnten schönere Autos haben und solche Sachen. Aber sie hat das alles geopfert, weil sie an mich glaubt. Ich wollte sie auf diese Weise mit Songs ehren, auf die ich zwar stolz sein kann, aber eben auch sie. Sie will nichts anderes als mir zu ermöglichen, mein künstlerisches Potential zu verwirklichen. Das ermutigt mich, weiter zu machen. In bin in dieser Hinsicht glücklich dran."
Welche Art von Zwischenzeit besingt Grant denn auf dem neuen Album.
„Die Zwischenzeit in der man auf die großen Dinge des Lebens wartet und dabei die kleinen Momente verpasst, die in der Summe das Leben ausmachen“, führt Grant aus, „ich will mir eigentlich jeden dieser Momente bewusst machen – wobei ich schon weiß, dass das unmöglich ist. Die 'Zwischenzeit' bezieht sich also auf diese kleinen Momente, die ich nicht verpassen will."
Wie geht es in Zukunft weiter?
„Nun, ich bin niemand, der jeden Tag schreibt. Ich warte sozusagen auf die Songs. Ich meine, ich habe viele Ideen und nehme manchmal auch etwas auf – aber für gewöhnlich arbeite ich, wenn ich inspiriert bin. Das macht mir manchmal ein wenig Angst. Zum Glück habe ich aber schon ein Menge Ideen für eine neue Scheibe. Ich würde auch gerne mehr für andere produzieren. Ich will auch gerne mehr mit anderen zusammen schreiben oder für andere. Generell möchte ich mehr Sachen zu Hause machen, denn je älter ich werde, desto mehr strengt das Touren schließlich an."
Aktuelles Album: Meantime (Make My Day Records / Indigo)
Weitere Infos: http://slowleaves.com/