Nach 16-jähriger Pause hat Josh Homme, Mastermind von Queens Of The Stone Age, wieder zum konspirativen Musikertreff in die kalifornische Wüste geladen. Das Ergebnis: ´Desert Sessions Vols. 11 & 12´, das skurrilste, aber auch originellste Album des Jahres. Er redet nicht oft. Doch wenn sich der rothaarige Baum von einem Kerl zu einem Gespräch durchringt, findet er schlichtweg kein Ende. Dann schlürft er literweise Kaffee und verfällt in regelrechtes Philosophieren.
Wie zur Veröffentlichung der ersten Desert Session seit 2003 - ein Projekt, bei dem sich befreundete Musiker in Joshua Tree, drei Autostunden westlich von Los Angeles, treffen, um sich ein Wochenende kreativ auszutoben. Einfach, um Spaß zu haben, aber auch um frische Ansätze zu entwickeln bzw. sich selbst daran zu erinnern, warum sie eigentlich Musiker sind – um ihre Freiheit auszuleben.„Ich liebe die Zusammentreffen“, sagt Josh, der sie seit 1997 organisiert. „Aber ich habe halt drei Kinder bekommen, mehrere Queens-Alben aufgenommen, Iggy Pop produziert und mit Them Crooked Vultures gespielt – es war keine Zeit dafür. Ob ich es vermisst habe? Und wie!“
Deshalb hat er im Dezember 2018 – nach Abschluss der ´Villains´-Tour – prompt eine Session anberaumt. Mit von der Partie: Billy Gibbons von ZZ-Top, Les Claypool von Primus, Mike Kerr von Royal Blood, Jake Shears von den Scissor Sisters und einige mehr.
„Ich erstelle im Vorfeld Listen, wer für eine verrückte Chemie sorgen könnte, und das Ziel ist, interessante Leute aus unterschiedlichen Genres zusammenzuführen. Wobei jeder ein anderes Instrument spielt, als er es normaler Weise tut, und alles ganz spontan vonstattengeht.“
Kleine Freuden unter Freunden
Ein Ansatz, dem sich schon in der Vergangenheit ein regelrechtes who is who der alternativen Rockmusik geöffnet hat – von PJ Harvey, über Dave Grohl bis zu Trent Reznor (Nine Inch Nails). Ort des konspirativen Treffens: Die Rancho de la Luna Studios in Joshua Tree, in der kalifornischen Wüste. Ein besonderer Ort – nicht nur wegen seiner Abgeschiedenheit:
„In dem Studio ist alles so inkorrekt, wie es nur sein könnte“, lacht Josh. „Und zweimal falsch ergibt noch kein richtig, aber 40-mal falsch macht es zumindest ziemlich verrückt. Da spielt man Schlagzeug im Badezimmer, singt in der Küche und benutzt das Kissen, auf dem man später schläft, um den Verstärker zu umhüllen. Das sind Bedingungen, mit denen man erst einmal klarkommen muss.“
Eine echte Herausforderung. Aber: Hier geht es auch nicht darum geht, einen Welthit zu schreiben oder ein wer weiß wie kommerzielles Album einzuspielen. Sinn und Zweck des Zusammenkommens ist vielmehr eine konspirative Sitzung zur Erweiterung des künstlerischen Horizonts und zur Belebung der eigenen Kreativität. Eben indem alle Beteiligten spontan an Musik wie Texten arbeiten und einfach machen, was in ihnen steckt. Das ist mal heftiger Garagenrock, mal kunterbunte Psychedelia, mal akustischer Folk, mal Avantgarde-Rock oder purer Nonsens. So sinniert Billy Gibbons zu einem schrägen Synthie-Beat über leere Whiskey-Flaschen, die prompt über den Fußboden rollen, während ein gewisser Töornst Hülpft, der sich als „Rude Boy aus Lappland“ outet, mit Helium geschwängerter Stimme über attraktive Ladies sinniert und das deutsche Wort „Schmutzfink“ verwendet.
„Ich habe keine Ahnung, wer der Typ war und wie er ins Studio gekommen ist, aber er war halt witzig und jede Desert Session braucht einen dämlichen Moment. Einen, wie ihn meine Kinder lieben.“
Zukunftsmusik
Vermutungen, dass er selbst Töornst sei, weist er indessen von sich, und auch beim Ausmaß der abendlichen Partys während des Wüstentrips hält er sich bedeckt:
„Wer hart arbeitet, hat auch das Recht, zu feiern. Ganz einfach, weil man sich das verdient hat.“ Dass haben er und seine Mitstreiter auf jeden Fall: ´Desert Sessions Vol. 11 & 12´ ist eines der besten Rock-Alben des Jahres, weil es abenteuerlustig, unkonventionell und herzerfrischend klingt. Weil es einen mutigen Gegenpol zum uninspirierten Einheitsbrei der Musikindustrie darstellt und eine Inspirationsquelle für mehr sein könnte:
„Ich weiß noch nicht, wann es mit den Queens weitergeht. Momentan suche ich einen neuen Mount Everest, den es zu besteigen lohnt. Die Desert Sessions waren ein erster Schritt, um ihn zu finden. Und wer weiß, vielleicht halte ich im Dezember noch eine ab.“
Dafür stehen übrigens Elton John und Billie Eilish auf der Wunschliste.
„Keine Ahnung, ob es klappt – auf dem Papier klingt es jedenfalls spannend.“ In der Tat…
Aktuelles Album: Desert Sessions Vols. 11 & 12 (Matador / Beggars)