Die Sache schien klar. Mit einer Mischung aus vermeintlich Radio-tauglichen Sounds meldeten sich OK KID vor knapp drei Jahren das erste Mal zu Wort und holten zum großen Rundumschlag aus. Jedoch nicht im Auftrag flächendeckender Charterfolge. Vielmehr sollte die eigene Vision alle erreichen und es war egal, ob diese gut ankommt oder nicht – wie Sänger und Texter Jonas Schubert betont: „Natürlich ist es cool auf Airplay-Rotation zu laufen. Mit OK KID wollten wir aber nicht wahllos Trends aufgreifen.“
Die oft geäußerte Floskel vom musikalischen Eigensinn – man glaubt sie ihnen sofort. Da auch das neue Album ´Zwei´ eine Weiterentwicklung zeigt, die musikalisch komplex und provokativ zugleich ist.Die Bildsprache wusste zu schocken. Mit dem Video zur letzten Single ´Gute Menschen´ wollten OK KID ein radikales Statement als Vorboten zum neuen Album präsentieren. Was gelang und doch Interviews mit sich brachte, die den Song selbst kaum thematisierten:
„Stimmt nicht ganz“, rückt Jonas Schubert die Situation ins richtige Licht, „die Frage, ob wir plötzlich eine politische Band seien, kam ebenso auf. Durchkalkuliert war das allerdings nicht und trotzdem freute es uns, in eine gesellschaftskritische Diskussion einbezogen zu werden, die wir auch führen wollten.“
So weit, so gut.
Eigentlich. Für Verwirrung sorgte anschließend nämlich das zweite Vorab-Release ´Bombay Calling´. Hiermit feierten OK KID das Leben als niemals endende Party und zelebrierten einen Exzess, der weder politisch noch gesellschaftskritisch gefärbt war.
Das Spiel mit den Gegensätzen, es darf als Markenzeichen der Kölner Band bezeichnet werden. Musikalisch verankert in einem ebenso waghalsigen Stilmix, mit dem sich auch das neue Album ´Zwei´ als Grenzgänger zwischen den Genres präsentiert:
Rap-Versatzstücke treffen auf Indie-Pop, Beats und allerhand Samples, die die Tracks in die unterschiedlichsten Richtungen treiben. Was für OK KID der einzig gangbare Weg sei, wie man auf Nachfrage erfährt.
„Wir versuchen Höhepunkte zu setzen, die immer wieder vollste Aufmerksamkeit einfordern. Fetzige Hits sind nicht das erklärte Ziel – bei den Leuten sollen Emotionen dafür sorgen, dass sie ausrasten.“
Hohe Ansprüche für eine Combo, die gerade erst das zweite Album veröffentlicht. Möchte man meinen.
Der genauere Blick auf die Biographie der drei Kumpels zeigt hingegen, dass OK KID trotz jugendlicher Nonchalance keine unerfahrenen Newcomer mehr sind:
„Wir hatten bereits ein gemeinsames Projekt und konnten dadurch einige Erfahrungen sammeln, die uns jetzt helfen. Wobei jede Situation neu bewertet werden muss und wir nicht automatisch wissen, was man machen oder lassen soll.“
Glücklich sind OK KID zweifelsohne und es kümmert sie wenig, dass ein Song wie ´Gute Menschen´ aufgrund der Tagesaktualität in zehn, fünfzehn Jahren vielleicht wie ein längst vergangenes Statement wirken könnte. Ganz im Gegenteil, solche Momentaufnahmen gehören dazu:
„Es wäre ja total schlimm, wenn dann immer noch die gleichen Probleme vorherrschen, über die wir heute sprechen“, erklärt Schubert weiter und freut sich nebenher, dass die Magazine weiterhin Schwierigkeiten haben, OK KID in passende Schubladen zu packen.
Was sicherlich deren Aufgabe sei, aber dabei helfen wolle man nicht. So wirft ´Zwei´ auf angenehme Weise wieder Fragenzeichen auf und macht es sich drei Jahre nach dem gleichnamigen Debüt zwischen den Stühlen bequem.
„Die Band funktioniert in diesem Kontext und wir nehmen uns diese Freiheiten. Worüber ich mich sehr freue: Wir dürfen ausprobieren und die Leute stört es nicht.“
Fürs Radio-Airplay wird diese Strategie eine Herausforderung bleiben. Was OK KID nicht stört: ´Zwei´ funktioniert auch ohne irgendwelche No.1-Hits. Immer schön eigen.
Aktuelles Album: Zwei (Four Music / Sony)
Foto: Stefan Baumbarth