Sie sind jung, sie sind wild, sie klingen frisch und tun nur das, was ihnen gefällt: Die Muncie Girls wirken wie eine echte Ausnahme im Rockzirkus dieser Tage. Denn obwohl hier nichts gekünstelt ist, betreiben die drei jungen Briten echte Kunst – obwohl sie ausnahmslos große Lust auf Neues verspüren, präsentieren sie sich äußerst pfiffig und machen sich Gedanken über die Zukunft von allem. Ganz normale Twens aus Exeter/Devon/UK? Fragen wir Sängerin und Bassistin Lande Hekt.
Auch wenn die 22-jährige Lande womöglich nur aus den Musikgeschichtsbüchern die wohl größte Bassistin/Sängerin der Neuzeit kennt, könnte sie zu gewissem Grad eine Blaupause von Suzi Quatro sein: In einem Indie- und Garagerock-Umfeld groß geworden und mit einer großen DIY- und rebellischen Ader gesegnet, schickte sich auch einst die Grand Dame des 70s Rock an, von der Provinz aus die weite Welt zu erobern. Die Muncie Girls, benannt nach einem feinen Witz aus dem Hudsucker-Movie der Coen-Brüder, kommen aus Exeter, im sudwestlichen Zipfel Englands gelegen. Dort machen Lande und ihre Mitstreiter Dean und Luke seit Ihrer Jugend zusammen Musik – Punkrock, Indie und artverwandtes steht seit jeher auf dem Plan und fügt sich zu einer frischen und zuweilen auch sehr aufregenden Melange aus, die mitunter eher amerikanisch statt britisch geprägt scheint. „In der Tat sind wir eher mit Rancid und Against Me aufgewachsen – irgendwie sind in unserem Stammklub (Cavern Club Exeter) auch immer viele amerikanische Bands aufgetreten, was sicherlich inspirierend war. Aber allgemein kann man sagen, dass die amerikanische Kultur – vor allem Filme – schon ziemlich präsent ist in der heutigen Zeit. Dem kann man sich kaum verschließen, oder?“ Das könnte erklären, warum die Muncie Girls so weltgewandt klingen, wohltemperiert dynamisch, ausgewogen... „... obwohl wir schon ziemliche Landeier sind!“Man könnte bei genauem Hinhören auch meinen, die Plattensammlung der Eltern mit einer feinen Auswahl 80s-Pop hätte hier und da bei der musikalischen Selbstfindung Pate gestanden.
„Überhaupt nicht. Meine Mutter hat eigentlich eher weniger Musik gehört früher. Wahrscheinlich kommt es daher, dass wir viele Arten von Musik hören und uns ein bisschen von allem inspiriert – und irgendwie hängen ja alle Dinge zusammen.“
Wie so oft ist also die Musik ein Spiegelbild des Lebens – wie verhält es sich dagegen thematisch/textlich?
„Unsere Themen sind vielleicht zur Hälfte politisch, zur Hälfte persönlich. Es geht viel um die Frage, warum wir unzufrieden sind mit vielen Dingen. ´Balloon´ zum Beispiel ist recht traurig, aber auch hoffnungsvoll. Es geht um die Wahrnehmung des eigenen Lebens, wenn man an den Punkt kommt, an dem man merkt, dass man mit seinem Leben wirklich etwas anstellen kann und endlich loslässt – wie, als wenn man einen kleinen, roten Ballon fliegen lässt.“
Kleiner Gedanke, große Wirkung? Für Lande ist es natürlich, Sachen zu Ende zu denken, und das auch im Kontext der Band so zu halten.
„Ich weiß ja nicht, warum andere Leute Bands gründen – wir haben es vor allem aus Spaß gemacht und haben auch immer noch eine Menge Spaß damit. Dennoch darf man sich gerne bewusst sein, dass man als Band mit seinen Songs eine Plattform schafft, die möglicherweise von vielen wahrgenommen wird. Also darf man auch die Verantwortung fühlen, das man eine Message verbreitet. Man muss das nicht, aber man kann. Und ich glaube, es ist gut, wenn man so denkt. Wenn die Leute nur auf die Musik abfahren – okay für mich. Wenn manche Texte missverstanden werden, ist das nicht unbedingt glücklich gelaufen, aber sie haben sich zumindest damit auseinandergesetzt. Nun ja, in dem Fall wäre es besser, sie fahren nur auf die Musik ab. Ich würde mich freuen, wenn beides ankommt.“
Eile mit Weile, Fräulein Hekt. Früher oder später werden viele merken, welche Substanz in den Muncie Girls wirklich steckt!
Aktuelles Album: From Caplan to Belsize (Uncle M Music/Cargo) VÖ 04.03.
Foto: Kay Stanley