Heather Woods Broderick ist eine echte musikalische Allzweckwaffe: Sharon Van Etten, Laura Gibson, Efterklang, Horse Feathers oder Loch Lomond – sie alle griffen schon auf die Talente der Multiinstrumentalistin und Sängerin zurück. Doch die Schwester von Tausendsassa Peter Broderick kann´s nicht nur für andere: Vor sechs Jahren erinnerte ihr Soloerstling ´From The Ground´ mit seiner Melange aus Folk und stimmungsvoll-verträumten Instrumentals an Meg Baird und Hope Sandoval, nun legt sie ihren beeindruckend vielschichtigen zweiten Alleingang namens ´Glider´ vor.
Das musikalische Talent wurde der sympathisch zurückhaltenden Amerikanerin praktisch in die Wiege gelegt.„Meine Eltern sind beide Musiker, und so war Musik ein wichtiger Teil meiner Kindheit“, erzählt Heather im Westzeit-Interview. „Als ich acht war, zog meine Familie von Maine nach Oregon um. In der Kleinstadt, in der wir lebten, gab es nicht viel zu tun, deshalb bat ich meine Eltern, mich zum Klavierunterricht zu schicken, denn wir hatten eine Musiklehrerin, die ganz in ihrer Rolle in der Gemeinde aufging, Privatunterricht gab und auch die Schulband leitete. Ich war in beides involviert. So habe ich schon sehr früh viel Zeit mit dem Musikmachen verbracht.“
Heute beherrscht Heather neben Klavier, Gitarre und Bass auch Querflöte und Cello – und zieht auf ihrer neuen Platte alle Register. Von versponnenen Dream-Pop-Nummern über einfallsreich arrangierte Pop-Songs mit 70s-Flair und intime Post-Folk-Balladen bis hin zu sanften solistischen Momenten mit viel Seele und bisweilen sogar aufbrausenden Band-Arrangements ist alles erlaubt. Mit Unterstützung ihres Bruders und Death-Cab-For-Cutie-Neuzugang Dave Depper ist dabei ein klassisches Album voller klanglicher Tiefgründigkeit entstanden, nachdem ihr Debüt vor sechs Jahren eher ein Zufallsprodukt war.
„´From The Ground´ war ursprünglich gar nicht als Album geplant“, verrät sie. „Die Songs waren damals meine ersten Versuche, Lieder mit Text zu schreiben. Dagegen ist ´Glider´ eine viel absichtsvollere Platte. Ich hatte das Ziel, Songs zu schreiben, die ein Album bilden sollten. Während des Schreibens habe ich Demos aufgenommen und an den Arrangements gearbeitet, und als ich dann ins Studio ging, wusste ich bereits, wie die Lieder zu klingen haben.“
Eine so schonungslos offene Kartografin von Herzensangelegenheiten wie ihre Freundin Sharon Van Etten will Heather gar nicht erst sein, trotzdem sind ihre Songs „Reflexionen von Erfahrungen, die ich mit Freunden, Familien und mir nahestehenden Menschen hatte“, wie sie selbst sagt. Die lange Zeit des unablässigen Tourens und der Wurzellosigkeit – in den letzten sechs Jahren lebte sie in Kopenhagen, Berlin, Brooklyn und Oregon – haben deutliche Spuren auf dem neuen Album hinterlassen, teils in musikalischer Form, teils in den Texten.
„Mir ist bewusst geworden, dass ich die Songs auf ´Glider´ und die Zeit, die ich auf das Schreiben verwendet habe, dazu benutzt habe, mich Dingen zu widmen, die ich zuvor aufgeschoben hatte, und mir Klarheit über verschiedene Ereignisse zu verschaffen“, erklärt sie.
Doch auch als Musikerin weiß sie, wo sie steht. Trotz ihres ausgezeichneten neuen Albums sieht sich Heather ganz bescheiden auch weiterhin vor allem als Teamplayerin.
„Ich habe nicht wirklich das Gefühl, dass ich nun, da meine zweite Platte erscheint, eine Solokünstlerin bin“, sagt sie. „Ich mag es, alle möglichen Arten von Musik mit vielen verschiedenen Leuten zu spielen, und meine Soloplatten sind nur eines von vielen Projekten. Ich plane, auch in Zukunft zu kollaborieren und mit anderen Musik zu machen und dabei weiterzukommen.“
Aktuelles Album: Glider (Western Vinyl / Cargo)
Weitere Infos: www.heatherwoodsbroderick.com Foto: Dusdin Condren