Worum es ihm auf dem Album „Meer“ geht, daran lässt der junge Hamburger Sänger Farsad Zoroofchis - besser bekannt unter seinem Künstlernamen Fayzen - vom Beginn des Gespräches keinerlei Zweifel: „Es geht auf meiner Platte um nichts anderes, als um die Frau, die ich in meinem Leben bisher am meisten geliebt habe.“ Und um die Rehabilitierung des Satzes „ich liebe Dich.“ „Der Satz ist doch total in den Dreck gezogen worden“, sagt er.
Sprachliche VersiertheitDas Album ´Meer´ vermisst alle Facetten dieser letztlich gescheiterten Liebe. Dieses Vermessen changiert zwischen laut und leise. Zwischen Wut und Zärtlichkeit. Zwischen Untergang und Aufbruch. Dabei ist Fayzen in jeder Situation sprachgewaltig, und diese sprachliche Versiertheit kommt nicht von ungefähr. Schon mit fünf Jahren hat Fayzen zu persischer Traditionsmusik gesungen. Später findet er sich in der harten Schule des Hip Hop wieder. Das ist für die Entwicklung seiner Wortgewandtheit die wohl wichtigste Zeit.
„Damals habe ich erst zum ersten Mal Gedichte geschrieben und mir dann auf Sessions das Mikro geschnappt und einfach so drauf los gerappt“, erzählt Fayzen.
„Die schnörkellose, sehr direkte Art des Hip Hop hat mich emotional sehr berührt, auch das Improvisierte. Trotzdem habe ich auch sehr schnell gemerkt, dass ich weder der Gute-Laune-Hip-Hopper, noch der böse und fluchende Rapper aus dem Ghetto bin, sondern eher der melancholische, ständig reflektierende Typ.“ Aus dem Hip Hop heraus wendet sich Fayzen der Musik auf der Straße zu. Dort Leute durch Wort und Klang in seinen Bann zu ziehen, ist nicht die leichteste Übung, schon gar nicht, wenn man es so macht wie Fayzen. Er setzt Passanten einfach Kopfhörer auf und bringt so über die Jahre unglaubliche 20.000 Mixtapes unters Volk.
Gefährliche Klippen
Als Fayzen sein bisheriges Schaffen ein weinig reflektiert, fällt ihm auf, dass die Stücke komplett durch seine Ängste geprägt sind. Versagensängste. Existenzängste und nicht zuletzt Verlustängste. Aus Angst ist bei ihm also Kunst geworden. Damit steht Fayzen ganz unbewusst in der Tradition von zahlreichen Künstlern aller Epochen, bei denen Angst nicht nur ein Gegenstand der Kunst, sondern gleichzeitig auch eine Triebfeder dieser Kunst ist. Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Angst umschifft Fayzen äußerst gekonnt die gefährlichen Klippen des weinerlich-kitschigen Lamentierens über die ach so schlechte Welt oder die des aufdringlich-pompösen Seelenstriptease. Er pflegt vielmehr in seinen Texten den sensiblen Ton, den sinnlichen Takt, die schwebende, verspielte Atmosphäre.
„Eins ist bei meinen Liedern grundsätzlich unverzichtbar - da muss Feuer sein.“ Und das legt er gekonnt.
Mit der Vorlage seiner CD „Meer“ beweist Fayzen, dass es keine Maulhelden braucht, um wortgewaltig zu sein. Seine Worte sind so voller Klangkraft, dass Fayzen die Instrumente einfach nur sprechen lassen muss. Rhythmus, Melodie und Harmonien erschaffen sich wie von selbst. So lässt er das pure Leben in seine Lieder. Klangkraft und Wortgewalt sind deshalb so wirksam, weil Fayzen so dicht wie irgend möglich bei sich und seiner Wahrheit bleibt. Und zu der gehört es auch, zukünftig wieder inbrünstig „ich liebe dich“ sagen zu wollen. Damit das auch wieder geht, gibt Fayzen diesem Satz seine Unberührtheit und damit seine unmittelbare Kraft zurückgibt.
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