Der Satz „England ist krank, und es ist nicht allein“ eröffnet den Titelsong des neuen, vierten Maximo Park-Studio-Albums „The National Health“. Nach drei Jahren Pause meldet sich das Quintett kritischer denn je zurück...
„Wir ignorieren das reale Leben nicht, wir sind nicht allein mit den Problemen, die wir haben“, sagt Sänger Paul Smith. „Wenn Du nach Deutschland kommst, wird dir die ökonomische Krise auch hier bewusst. Mit Amerika verhält es sich ebenso. Wir wollen auf Missstände hinweisen, aber nicht vorgeben, was die Leute denken sollen. Das wäre gefährliches, politisches Denken. Wir möchten die Menschen eher für die Probleme sensibilisieren, Fragen stellen.“Smith ist ein sehr freundlicher, zumeist Hut tragender, nachdenklicher Mensch, der der Arbeiterschicht entstammt.
„Die Regierungen sind sehr weit weg vom Geschehen. Doch wir können etwas tun in unserer Gemeinschaft!“
Maximo Park macht zumindest gute Musik, drückt Gefühle durch elektrische Gitarren aus. „Die Vocals kommen direkt aus dem Herzen, dass ist ein Schlüssel des Albums.“
Smith erinnert zudem an Worte eines anderen Künstlers: „John Lydon sang `Anger is an energy´ (Anmerk. d. Verf.: Public Image LTD, „Rise“). Der Zorn unserer Scheibe ist die Entrüstung über die Kontrolle allerorten. Diese Welt ist nicht gut derzeit, aber wir können sie ändern! `I ship my own world´ heißt es nicht umsonst in dem neuen Track `Wolf Among Men´. Lydon hat mit seiner `Metal Box´ bereits früh (1979) futuristische Sounds aufgenommen und verpackt. Das kallrosa unserer CD soll ebenfalls sagen: Hört Euch das mal an!“
Smith und der ebenfalls zum Interview erschiene Gitarrist Duncan Lloyd (nicht angereist waren Archis Tiku, Bass; Tom English, Drums; Lukas Wooller, Keyboard) betonen, vom Punk inspiriert zu sein, auch wenn Maximo Park eher den Elektro-Gitarren-Musik-Funken versprüht.
„Unser Sound ist Post Modern! Man kann weder die Sex Pistols, Wire, Magazine, Duran Duran, Madonna, David Bowie noch Roxy Music Ignorieren!“
Lloyd: „Wir haben immer betont, dass wir Popmusik machen. Gleichfalls machen wir auch Kunst. Der Begriff Kunst ist einer der großen Dinge hinter (Roxy Music-Sänger) Bryan Ferry. Little Richard, Richard Hamilton (britischer Maler / Graphiker) haben uns gleichfalls beeinflusst...“
Smith: „Aber im Punk findest Du den Beweggrund, überhaupt Musik zu machen. Die Philosophie lautet: ´Drei Akkorde und die Wahrheit´. Für unsere erste Single haben wir Geld geliehen, und sie im Do-It-Yourself-Verfahren herausgebracht.“
Natürlich sollte man sich danach weiterentwickeln.
Lloyd: „Wir können dies oder jenes nicht verwenden, gibt es bei uns nicht. Deshalb haben wir uns auch nicht davon abbringen lassen, ein Cello zu verwenden. Roxy Music ist ein gutes Beispiel für den stetigen Wechsel. Außerdem kommen sie ebenfalls aus Newcastle.“
Smith: „Ja, genau, Roxy Music! Die Band hat viel probiert, war dennoch immer wieder zu erkennen. Unsere Musik ist auch sehr romantisch, zumindest vermute ich, dass sich solche Elemente darin finden. Wir glauben an diese Welt, inmitten all der schlechten Nachrichten und Krankheiten. Dieser Gedanke ist romantisch! Sensibilisiere die Leute. Dazu passt dann das Cello auf `When I Was Wild´.“
Der Kreis schließt sich. Der Opener des Albums entführt den geneigten Hörer / die geneigte Hörerin in eine klingende Atmosphäre, die jener von Roxy Music in den frühen Siebzigern nicht eben unähnlich ist. Anschließend geht bei den 12 darauffolgenden Titeln jedoch „die Post ab“. In punkto Tempo steht der aktuelle Pop den alten Longplayern „A Certain Trigger“ (2005), „Our Earthly Pleasures“ (2007), „Quicken The Heart“ (2009) sowie der Compilation „Missing Songs“ (2005) in nichts nach – obwohl die genannten Alben alle auf Warp Records erschienen, während Maximo Park nun in den Hafen der Major Companies eingelaufen sind. Eben, wie bei Roxy Music – stets alles anders, und doch mit hohem Wiedererkennungswert!
Aktuelles Album: The National Health (Universal) VÖ: 08.06.