Nachdem sich die Londoner Band Goat Girl passend zu ihrem dritten Album „Below The Waste“ auf ein Trio gesundgeschrumpft hatte, da sich die Bassistin Naima Bock ja für eine inzwischen gut laufende Solo-Karriere entschlossen hatte, war es natürlich nun auch mal an der Zeit, das neue Konzept auf einer Headliner-Tour zu präsentieren. Das Kölner MTC hat sich ja in den letzten Jahren als sichere Heimat für Acts erwiesen, die unkonventionell und eigenständig ihren Weg im Postpunk-Zirkus suchen und finden und ein dementsprechend vorgebildetes Fachpublikum anziehen. Und da waren Lottie Pendlebury, Rosy Jones und Holly Mullineaux mit ihrem multifacettiertem, feministischen Empowerment-Avantgarde-Pop natürlich genau an der richtigen Adresse. Als Support-Act hatten sich Goat Girl das Britische Art-E-Pop-Duo Robbie & Mona aus Bristol mitgebracht. Eleanor Gray und William Carkeel – so die richtigen Namen der Protagonisten – haben sich dabei wohl die Dekonstruktion als oberstes Ziel gesetzt und arbeiten auf der Bühne – mehr noch als im Studio – mit psychedelischen Effekten und vorproduzierten digitalen Elementen um ihren oft eher von Filmen als Musik inspirierten dystopischen Nightmarepop-Phantasien – auch ohne konventionelle Formate - eine distanzierte atmosphärische Heimat zu bieten. Klassische Songstrukturen finden sich kaum – dafür gibt es eine gewisse Tendenz zur Atonalität (die freilich auch daher rühren könnte, dass Mona ihren Monitor nicht richtig hören konnte und Robbie's Gitarre aufgrund eines zu heftig eingestellten Harmonizers immer einen halben Ton neben der Spur zu liegen schien.) Wegen der dezidiert unterkühlten – fast schon emotionslosen – Darbietung und des zwar komplexen aber betont spröde und harsch angelegten Sound-Designs war es nicht ganz einfach, Robbie & Mona abzukaufen, dass dieses Projekt tatsächlich eine musikalische Ergänzung der persönlichen romantischen Beziehung zwischen Ellie und William sein soll, wie es das Paar propagiert. Immer wieder haben Goat Girl deutlich gemacht, dass es im gemeinsamen Tun nicht um das Erfüllen irgendwelcher Erwartungshaltungen gehen könne, sondern darum, den Hörer mit dem Unerwarteten zu konfrontieren und ihn zur Mitarbeit zu bewegen. Zu diesem Konzept gehörte zweifelsohne auch der eigenartige Bühnen-Aufbau bei der Show im MTC. Anstatt sich etwa als Rampensäue zu präsentieren, hatte sich die (um einen Keyboarder ergänzte) Band im Halbkreis am hinteren Bühnenrand positioniert mit Drummerin Rosy am rechten Bühnenrand. Das bedeutete, dass nur die Zuschauer in der ersten Reihe überhaupt eine Chance hatten, die Musikerinnen auf der Bühne alle auszumachen. Es war dann auch so, dass die Musikerin das Publikum mehr oder minder ignorierten und sich im gelegentlichen internen Stage-Banter genügten – die eine oder andere erklärende Ansage der im wesentlichen als Bandleaderin fungierenden Lottie mal außen vor. Rein performerisch machte die zudem irritierend mit wechselnden Spotlights im Kunstnebelgewaber nur punktuell beleuchtete Show also nicht viel her. Musikalisch allerdings brachten Goat Girl ihre konsequente Entwicklung hin vom Verwalten des Zufälligen aus den Anfangstagen hin zu clever kontrollierten, durchstrukturierten Klangkunst heutzutage auf den Punkt. Nachdem Goat Girl insbesondere auch auf dem neuen Album „The Waste“ festgestellt hatten, dass Melodie und Harmonie auch in einem grundsätzlich anarchistischen Umfeld nicht weh tun und förderlich sein können, setzten sie das auch auf der Bühne mit Songs wie „Play It Down“ oder „Motorway“ um – wobei sie nicht nur in Sachen Harmoniegesang punkteten sondern auch die melodischen Qualitäten des Songmaterials nicht unnötig untergruben. Eine besondere Rolle kam dabei dem Keyboarder zu, der die Dreampop-Elemente von Songs wie „Words Fell Out“ durch seine Beiträge in den Vordergrund stellte und die monumentalen Streicherpartien der Studioproduktionen mit seinem Mellotron trefflich emulierte. So richtig nahbar und sympathisch wirkte die Band bei all dem nicht – die Versöhnlichkeit ihres Tuns entwickelte sich dann eher aus der Qualität des Vortrages. Unter dem Strich bekamen die Fans so ungefähr das geboten, was von einer Band, die sich die Nonkonformität auf die Fahnen geschrieben hat, auch zu erwarten gewesen wäre.
Weitere Infos: https://goatgirl.co.uk/