VALKHOF FESTIVAL

Wenn in Deutschland Umsonst-und-draußen-Festivals veranstaltet werden, spielen dort entweder irgendwelche Wald-und-Wiesen-Indiebands, für die man guten Gewissens keinen Eintritt nehmen könnte, oder Wolf Maahn und Klaus Lage. In Holland ist das anders. Einen Steinwurf von der deutsch-niederländischen Grenze entfernt gibt´s an diesem Sonntag beim Valkhof Festival das Beste zu hören, was die Indiewelt derzeit zu bieten hat: Marlon Williams konterkariert mit seinem der Hitzewelle geschuldeten sportlichen Dress seine Rolle als altmodisch-aparter Crooner, punktet aber als Performer der alten Schule, der mit sonorer Wahnsinnsstimme seine eigenen Songs genauso zu emotionalen Highlights macht wie seine Cover von Olivia Newton Johns Schnulze ´Carried Away´ und Screamin´ Jay Hawkins´ aufwühlendem ´Picture Of A Man´. Kevin Morby gelingt es derweil einmal mehr, sich musikalisch von The Band oder den Velvets inspirieren zu lassen und das Ergebnis mit sagenhafter Leichtigkeit trotzdem brandneu und zeitgemäß klingen zu lassen. Algiers setzen danach stärker als zuvor auf große Gesten und zelebrieren ihren mitreißenden Neo-Gospel für schwarze Seelen mit viel Inbrunst und einem ordentlichen Schuss Theatralik. Auch Pallbearer sind Poser vor dem Herrn, doch damit inszenieren sie ihren erstaunlich massenkompatiblen Doom-Metal einfach perfekt, bevor ausgerechnet Headlinerin Chelsea Wolfe hinter einer Wand aus Gegenlicht und Bühnennebel das Außergewöhnliche ihrer Platte ausklammert und sich stattdessen mit einer vergleichsweise traditionellen und nicht immer spannenden Goth-Rock-Performance begnügt. Auf der kleinen Bühne begeistern derweil die Rotterdamer Lewsberg mit einer Velvet-Underground-Hommage, die man so lupenrein und formvollendet selten zuvor gehört hat: Das Highlight eines Festivaltages ohne Ausfälle!

©1996-24  WESTZEIT | 2018.09.01 | Autor: Carsten Wohlfeld | › kontakt › impressum › datenschutz | › Besuche uns auf Facebook