Mit Nadelstreifenanzug, Krawatte und formvollendet passendem Einstecktuch steht er in London auf der Bühne. Eine Mischung aus englischem Gentleman und Dandy. Doch auf den franseligen Mod-Haarschnitt verzichtet der Mittfünfziger auch heute nicht. Die Rede ist von Paul Weller Nach erfolgreichen Stationen bei den new wavigen The Jam und den souligen The Style Council reüssierte er seit 1990 als bedeutender und überaus einflussreicher Solo-Musiker, Komponist und Modedesigner. Mit „Sonik Kicks“ stellte er in London sein aktuelles, sein elftes Solo-Album live vor. Und verkauft das legendäre Roundhouse gleich fünf Mal aus! Paul Weller badet live gerne auch in klanglicher Nostalgie, spielt seine frühen Stücke und wird dafür heiß geliebt und bejubelt. Doch auch in London überrascht er immer damit, dass er musikalisches Neuland betritt. Es ist wunderbar live zu erleben, wie Paul Weller 2012 musikalisch zwischen Gestern, Heute und Morgen changiert. Und die Menge tobt, wenn er, wie ein grandioser Artist mit Rhythmen, Riffs und Rastanoten jongliert. Er schafft es Dub-Attacken neben kühlen Jazz-Blue Notes zu platzieren, als wären sie nur für seine Zwecke erfunden worden. Auch ist es für ihn kein Problem, süßliche Popmelodien mit zarten Folklore-Weisen zu vermählen. Auch abstrakte Klanggemälde scheut Paul Weller nicht. Nie klingt dabei etwas beliebig oder kommt als krudes Sammelsurium daher. Alle Lieder sind strahlend schön und schimmern in einem Glanzkleid, wie es offenbar nur Paul Weller zu schneidern in der Lage ist. Wenn die Meute dann schließlich mit ihm gemeinsam „Eton Rifles“ schmettern darf, dann ist das Bier bereits in Ströemen geflossen und alle liegen sich glückselig in den Armen. Text + Photo: Franz X.A. Zipperer