Ken Loach hat mit seinen nunmehr achtzig Jahren und I, DANIEL BLAKE erneut die Goldene Palme in Cannes gewonnen und somit Maren Ade mit dem grandiosen TONI ERDMANN aus dem Rennen geworfen. Wir mögen darüber tendenziell traurig sein, dies mindert aber in keinster Weise Loaches Verdienst. Der Engländer Dan (Dave Jones) schnitzt Fische aus Holz und macht daraus Mobilees. Als gelernter Schreiner ist das nur eines seiner Talente. Im nordöstlichen New Castle ist der Endfünfziger damit immer in Arbeit und Brot gewesen, bis ihm seine Gesundheit einen Strich durch die Rechnung macht und er gezwungen wird Arbeitslosengeld zu beantragen. Was für ihn zunächst als unnötige Schikane sauer aufstößt (gerade die unsägliche Musik in der Warteschleife der Gesundheitsbehörde, wofür ihm auch noch Geld aus der Tasche geleiert wird) entpuppt sich zunehmend als ernstes Problem, da er sich in der absurden Situation gefangen sieht zwischen dem unmissverständlichen Rat seiner Ärztin vorerst nicht zu arbeiten und den klaren Regeln der Sozialbürokratie, die „Schmarotzern“ keine Chance auf ein menschenwürdiges Leben zuspricht, auch wenn es eine Diskrepanz in der Zuständigkeit der Gesundheitsgutachten gibt. Nur wenn er nachweislich aktive Arbeitssuche betreibt, hat er Anspruch auf staatliche Beihilfen. Dies bedeutet für den Handwerker jedoch einen Kulturschock angesichts von Internet und digitalen Medien. Dan verdrängt zunächst seine Situation und findet Gefallen an seiner Rolle als guter Samariter für die allein-erziehende Mutter Katie (Hayley Squires) und ihre zwei Kinder, die aus London nach New Castle geschickt wurden und nun irgendwie über die Runden kommen müssen. I, DAVID BLAKE bleibt ganz nah an seinen Figuren dran, während diese um ihre Würde und das blanke Überleben kämpfen müssen. Viele Szenen basieren auf wahren Begebenheiten aus der Welt von Obdachlosen und Tafel-Gängern und wirken auch nach verlassen des Kinosaals noch lange nach.
GB / FR / BE 2016, Regie: Ken LoachDarsteller: Dave Johns, Hayley Squires, Dylan McKieran u.a.
Kinostart: 24.11.2016
Weitere Infos: www.daniel-blake.de