Zum 50-jährigen Bestehen der Kunsthalle Düsseldorf am Grabbeplatz präsentiert die erste von vier Ausstellungen im Jubiläumsjahr ein musée imaginaire mit dem Schwerpunkt auf den Jahren von 1966 bis 1981. Unter dem programmatischen Titel „Wirtschaftswerte / Muesumswerte“ verwandelt sich die Kunsthalle temporär zu einem musealen Ort für eine Sammlung mit Werken von u.a. Art & Language, Bernd & Hilla Becher, Joseph Beuys, Marcel Broodthaers, Daniel Buren, Christo, Tony Cragg, Hanne Darboven, Gilbert & George sowie Yves Klein, On Kawara, Imi Knoebel, Nam June Paik, Blinky Palermo, Panamarenko, Gerhard Richter, Dieter Roth und Andy Warhol.
Joseph Beuys Wirtschaftswerte, 1980, Sammlung S.M.A.K., Gent, ©VG Bild-Kunst, Bonn 2017Der 1967 erbaute Beton-Kubus auf dem Grabbeplatz wirkt in seiner brutalistischen Herbheit tatsächlich wie der Kunstbunker, als den der Düsseldorfer Volksmund die Kunsthalle bezeichnet. Von Konrad Beckmann und Christoph Brockes entworfen, wurde die mit Betonplatten verkleidete quaderförmige Halle bereits kurz nach der Fertigstellung stark kritisiert und ihr sofortiger Abriss gefordert. Doch sie hat aller Kritik bis heute getrotzt. Trutz und Eigensinn, charakterisieren auch Inhalte und Positionen, die in dem wehrhaft anmutenden Monolithen in den letzten 50 Jahren präsentiert wurden und den Wandel der Werte in der Kunstwelt wesentlich mit beeinflussten.
Historisch reicht die Geschichte der Kunsthalle Düsseldorf zurück in das Jahr 1881. Bereits im ursprünglichen klassizistischen Bau standen aktuelle Positionen der Moderne im Mittelpunkt. Gemeinsam mit dem Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen wurden hier zeitgenössischen Entwicklungen aufgenommen und zugänglich gemacht. Neben Ausstellungen wichtiger Künstler wie Cézanne, van Gogh, Monet, Renoir, Rodin, Kirchner, Schmidt-Rottluff, Pechstein, Nolde, Kandinsky, Matisse fanden auch die legendären Sonderbund-Ausstellungen 1909 und 1911 in der alten Kunsthalle statt.
Nach dem Abriss des schwer kriegsbeschädigten Vorgänger-Gebäudes wurde mit dem Neubau der Kunsthalle am Grabbeplatz gleichzeitig ein konzeptioneller Neubeginn der Ausstellungskultur in Angriff genommen. Unter dem Eindruck des in Bewegung geratenen Diskurses über einen erweiterten Kunstbegriffs, wurden höchst unterschiedliche, interdisziplinäre Ansätze in den Ausstellungsbetrieb aufgenommen und integriert. Die Kunsthalle definierte sich neu als Ort sowohl für die lokale Szene als auch für internationale zeitgenössische Projekte, ganz in der Tradition, nicht-etablierte zeitgenössische Positionen zu zeigen.
Beginnend unter der Ägide von Karl Ruhrberg, über Jürgen Harten und Ulrike Groos, bis hin zum aktuellen Leiter der Kunsthalle, Gregor Jansen, entwickelte sich in der Kunsthalle die qualitative Kontinuität einer Ausstellungskultur, die als wegweisend bis legendär gelten kann. Dazu gehören Avantgarde-Ausstellungreihen wie „Prospect“ (1968-1976) und „between“ (1969-1973), genauso wie Überblicksausstellungen zur Minimal Art und zur europäischen Kunst oder die vielen Einzelausstellungen, etwa von Francis Bacon, Henry Moore, Mark Rothko, Andy Warhol und Yves Klein, Bruce Nauman, Marcel Broodt-haers, Thomas Ruff, Anselm Kiefer oder Marina Abramovic.
Der Rückblick auf die Historie von mehr als 500 Ausstellungen offenbart neben der Konstituierung der Identität der Kunsthalle als Ausstellungshaus für die aktuellsten zeitgenössischen Positionen auch den damit verbundenen Wertewandel-Aspekt: Einstmals vordringliche, experimentelle und wenig etablierte Strömungen und Künstler/innen zählen heute zum kanonisierten Bestand internationaler musealer Sammlungen; ihnen wurde ein spezifischer Wert zugebilligt, als kunsthistorisch wie marktwirtschaftlich bedeutend.
Die titelgebende Installation „Wirtschaftswerte“ von Joseph Beuys kann als kritischer Kommentar zur diesem Transformationsprozess gelesen werden. Wenn nämlich Kunst zur verfügbaren Ressource oder zum Spekulationsobjekt („Kunst = Kapital“) stilisiert wird, dann verlieren wir die Bedeutung der Kunst als unser geistiges Nahrungsmittel aus dem Blick. Das ist jener Wert-Aspekt, der auch die besondere Rolle einer Ausstellungshalle ausmacht. Sie ist eben keine Anhäufung von Wirtschaftswerten, sondern will uns für den bewussten Umgang mit Kunst sensibilisieren.
Museumswerte / Wirtschaftswerte (07.04.- 18.06.2017) Kunsthalle, Grabbeplatz, 40213 Düsseldorf Di-So + Feiertage 11 – 18 Uhr Jeden 2. Sonntag im Monat: Familientag bei freiem Eintritt. Info: Tel.: +49 211 - 899 62 43