Computeranimierte Spielfilme haben ja eigentlich den Charme wie Sex aus dem Erotikmagazin: Ersatz für das wirkliche Leben. Aber vielleicht gerades deshalb erfreuen sich Filme wie „Findet Nemo“ oder „Ratatouille“ beim Publikum großer Beliebtheit. Die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn geht erstmals in Deutschland dem Phänomen mit einer mehr als fünfhundert Exponate aus den kalifornischen Pixar-Studios umfassenden Ausstellung auf den Grund. Pixar gehört heute zur Walt Disney Company und zeigte erstmals 1995 mit „Toy Story“ den ersten vollständig im Computer entstandenen Spielfilm.
Die Geschichte von Pixar beginnt im Jahr 1986, als zunächst Kurz- und Werbefilme entstanden. Seit der „Toy Story“ von John Lasseter entstanden zwölf große Spielfilme, die von mehr als vierzig Millionen Kinobesucher gesehen wurden. Die Ausstellung lässt hinter die Kulissen dieses noch jungen filmindustriellen Genres schauen und zeigt anhand von Skizzen, Grafiken, Farbzeichnungen und Skulpturen, die von Monitoren, Projektoren und Touchscreens ergänzt werden, den komplizierten, aufwändigen Schaffensprozess.Bevor überhaupt die ersten Filmszenen gedreht werden, entstehen durch traditionelle Methoden wie Zeichnung, Malerei und Modellierung in den Pixar-Studios in Emeryville (bei San Francisco) erste Entwürfe. Später wird den Charakteren am Computer „Leben eingehaucht“, damit die Wesensmerkmale eines animierten Films herausgearbeitet werden können, die John Lasseter, der Kreativling bei Pixar so bezeichnet: „Character“, „World“ und „Story“, die in der Ausstellung auch die Hauptkapitel bezeichnen. Fertige Filme bekommt der Museumsbesucher allerdings nicht zu sehen, dafür aber Ideenskizzen der Filmfiguren, Farbkreidezeichnungen der Städte und Landschaften oder großformatige Farbzeichnungen mit kompletten Szenen. Im „Artscape“, einem Kinoraum innerhalb der Ausstellung, ist auf breiter Leinwand ein Film über die „Pixar“-Welt in HD-Qualität mit Dolby Surround und Ambient Light zu sehen. Ebenfalls für die Ausstellung wurde das „Zoetrop'“ entwickelt, eine Installation, die auf das Animationsprinzip vor der Erfindung des Films basiert. „Zoetrop“ ist eine Art Daumenkino, in dem auf übereinander liegenden Scheiben bei schneller Umdrehung und Stroboskoplicht diverse Figuren aus „Toy Story“ und „Toy Story 2“ zu sehen sind, die sich scheinbar bewegen.
In den Pixar Studios entstanden die abendfüllenden Spielfilme „Toy Story“, „Das große Krabbeln“, „Toy Story 2“, „Die Monster AG“, „Findet Nemo“, „Die Unglaublichen“, „Cars“, „Ratatouille“, „Wall•E“, „Oben“, „Toy Story 3“, „Cars 2“ und „Merida – Legende der Highlands“. Der letztgenannte, dreizehnte Film nutzt das sagenumwobene Schottland als Inspirationsquelle. Als wahre Schottlandfans schufen die Regisseure Brenda Chapman und Mark Andrews eine unverwechselbare Landschaft, die als Schauplatz für einzigartige Legenden und Märchen aus dem reichen kulturellen Erbe der Highländer schöpft. „Merida – Legende der Highlands“ startete im Sommer 2012.
„Ein animierter Film ist eine Übereinkunft zwischen Filmemacher und Publikum. Der Filmemacher schafft eine Fantasiewelt und das Publikum lässt sich auf seine Schöpfung ein. Mit der richtigen Dosis Realismus wird der Film glaubwürdig. Diese Glaubwürdigkeit hängt entscheidend von der konsequenten Einhaltung der Gesetze ab, die die Fantasiewelt bestimmen. Um ihnen auf die Spur zu kommen, beginnen die Pixar-Filmemacher jedes Projekt mit eingehenden Recherchen.“ Dieser Wandtext der Ausstellung nennt die Grundlagen für einen erfolgreichen Animationsfilm und benennt kurz und bündig die wesentlichen Merkmale dafür.
Bis 06.01.2013 Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Museumsmeile, Friedrich-Ebert-Allee 4, 53047 Bonn Tel.: 0228-91710 Geöffnet: di – mi 10 – 21 Uhr, do – so 10 – 19 Uhr Eintritt: 9/6 Euro Katalog: 29 Euro
Weitere Infos: www.bundeskunsthalle.de