Stratege der Kunst und ihr Grenzgänger, Schlüsselfigur der Moderne und interdisziplinärer Guru – die Bedeutung und Einflussnahme von John Cage, dessen Geburtstag sich am 5. September zum einhundertsten Mal jährt, auf die Musik und die Kunst gleichzeitig untersucht eine in zweierlei Hinsicht beeindruckende Ausstellung. Zum einen blickt die Ausstellung auf auf die inneren Zusammenhänge zwischen der Kunst und der Musik, in dem über Epochen hinweg wirkungsmächtige Strategien präsentiert.
Zum anderen zeigt sie, wie der Musikkomponist und Musikdenker John Cage als Sprengmeister unverrückbarer Grenzen die Musik für die Kunst und für das Leben schlechthin geöffnet hat. Zusammen mit den vier anderen Schlüsselfiguren der modernen Kunst und Musik – Erik Satie, Marcel Duchamp, Joseph Beuys und Nam June Paik – repräsentiert John Cage sowohl die Leichtigkeit künstlerischer Aktivitäten wie eine wegweisende Hingabe an die Gleichung Kunst=Leben. Der Ausstellungstitel zitiert eine Performance, die John Cage 1982 in Bremen aufführte: ein Musizirkus, performed von einer (sehr) großen Anzahl von Musikschülern. Im Überseemuseum in Bremen war es bei der Uraufführung achthundert.Zwölf Strategien prägten im 20. Jahrhundert bis heute die Gattungen Kunst und Musik gleichermaßen: speichern, collagieren, schweigen, zerstören, rechnen, würfeln, fühlen, denken, glauben, möblieren, wiederholen, spielen. Parallel zur documenta 13 in Kassel untersuchen in Darmstadt einhundertundzehn Künstler, Musiker und Komponisten wie Laurie Anderson, Henning Christiansen, Mauricio Kagel, Heiner Goebbels, Milan Knižák, Nam June Paik, Kurt Schwitters oder Dieter Roth in Klangräumen und Installationen, mit Projektionen, Gemälden, Objekten und Partituren diese zwölf Grundstrategien. Hier präsentiert sich ein komplettes Jahrhundert auf völlig neue Art und Weise, denn Filippo Tommaso Marinetti steht neben The Beatles und Raoul Hausmann neben Frank Zappa.
Ein eigener Prolog ist den klassischen Grenzgängern Erik Satie und Marcel Duchamp gewidmet. Von Satie sind diverse Briefe sowie die Partitur zu seinem – zeitlich gesehen – Mammutwerk „Vexations“ (1893) und weitere Partituren zu sehen, von Duchamp Zeichnungen und ein Faksimile seiner Komposition „Erratum Musical“ (1913). Abteilungsweise zeigen Künstler und Musiker wie Paul Klee, Max Ernst, Bruce Nauman, Bill Viola, Iannis Xenakis, Earle Brown, Yoko Ono, John Baldessari, Karl-Heinz Stockhausen, Brian Eno, William Carlos Williams und Luigi Russolo (stellvertretend) in den zwölf Kategorien die ineinander greifenden und sich beeinflussenden Strömungen, Klangereignisse und Visualisierungen.
Der Komponist, Musiktheaterregisseur und diesjährige Intendant der Ruhrtriennale Heiner Goebbels realisiert eigens für das historische Wasserreservoir unterhalb des Ausstellungsgebäudes Mathildenhöhe in den beiden Speicherkammern auf etwa eintausend Quadratmeter die Sound- und Videoinstallation „Genko-an 64287“. Das Werk, von John Cage und Gertrude Stein inspiriert, ist eine grundlegende Arbeit über das Sehen und Hören und bezieht sich auf den buddhistischen Tempel in Kioto.
A House Full Of Music – Strategien in Musik und Kunst (-09.09.2012) Institut Mathildenhöhe Darmstadt, Olbrichweg 13, 64287 Darmstadt Tel.: 06151-132778 Geöffnet: di - so 10 – 18 Uhr, do 10 – 21 Uhr Eintritt: 10/8 Euro, Familienkarte 20/161 Euro Katalog: 49,80 Euro (hatje cantz Verlag)
Weitere Infos: www.mathildenhoehe.info