Richard Hamilton. Robert Rauschenberg. Andy Warhol. Drei Pfeiler der Pop-Art, drei Kompasse im Meer einer alltagsgegenständlich, hollywoodlike und provokant inszenierten Kunst im Dunstkreis von Konsum und Massenkommunikation. Zwei Pfeiler sind eingestürzt: Andy Warhol – gestorben 1987, Robert Rauschenberg, gestorben 2008. Der dritte, Richard Hamilton, geboren 1922 in London, steckt als rüstiger Maler immer noch mittendrin im Kunstbetrieb – tatendurstig, neugierig, mit Ideen aus der vom Dada schwer infizierten Pop-Art.
Insbesondere in der eigenen Ideenbörse fand Richard Hamilton für seine neue und seine Jahrzehnte alt-junge Kunst zeitgemäße Ausdrucks- und Präsentationsformen. Aus den letzten zwanzig Jahren des Hamiltonschen Werkes zeigt nun die Kunsthalle Bielefeld etwa einhundert Beispiele eines neuen Aufbruchs des Künstlers, der mit der allgemeinen Digitalisierung seinen Anfang nahm. Was den "Erfinder" der Pop-Art – wegen seiner 1956er-Collage "Just What Is It That Makes Today's Homes So Different, So Appealing?" – noch heute auszeichnet, sind die bildlichen Erzählungen mit den Mythen des Alltags, die Er in immer neuen Varianten und als serielle Fortsetzungsgeschichten präsentiert. Und was nicht in die Wirklichkeit hinein findet, das pflanzt Richard Hamilton in "virtuelle Räume" hinein, in denen er Werke der letzten fünfzehn Jahre auch in Bielefeld zur Schau stellt. Hamilton fand in der Digitaltechnik seine späte Profession, die sogar so weit geht, daß er frühere Arbeiten wieder zur Hand nimmt und erneut eine Vervollkommnung der Werke unternimmt.Abseits weit verbreiteter Porträtmalerei beschäftigte sich Richard Hamilton schon früh mit Räumen. "Streng genommen hat er sie nicht dargestellt, sondern konstruiert. Er hat sie auch nicht lange konstruiert, sondern alsbald digital generiert," schreibt Thomas Kellein im Katalog. Interieur und Gemälde verbindet Hamilton auf der Grundlage der in der Pop-Art häufig anzutreffenden Collage- und Montagetechnik, in dem er das Bild in eine diesem ähnliche realistische Raumsituation integriert und so ein Bild im Bild erschafft. 2006 bekannte Hamilton sich in der Ausstellungswirklichkeit erstmals zu seiner digitalen Bildwelt-Komposition. Mit "Painting By Numbers" stellte er dreiundsechzig Alternativen zu bekannten Drucken her. Neben dieser Werkgruppe zeigt die Kunsthalle Bielefeld auch "A Host Of Angels", die Hamilton 2005 aus einem digitalen Tintendruck entwickelte. Das neueste Werke des Künstlers, "Toaster", das auf eine Hamilton-Arbeit aus Metall, Holz und Papier von 1964 zurück geht, bereichert die von Philip Johnson gebaute Kunsthalle. Daneben lohnt sich insbesondere ein Blick auf die großformatige Arbeit "Lobby" sowie die Gemäldeserie "Bathroom" von 1994, die als menschliche Figur die von Hamilton fotografierte Frau zeigt.
Vor dreißig Jahren waren in der Kunsthalle Bielefeld etwa zweihundert Arbeiten aus Papier von Richard Hamilton zu sehen, die die Entwicklung seiner Studien seit 1937 zeigten. Damals zeichnete er das Gebäude Kunsthalle für den Katalog und das Plakat. Dieses Blatt bereichert auch die heutige Ausstellung.
bis 10. August 2008 Kunsthalle Bielefeld, Artur-Ladebeck-Straße 5, 33602 Bielefeld Öffnungszeiten: tägl. 11-18 Uhr, mi 11-21 Uhr, sa 10-18 Uhr, montags geschlossen Eintrittspreise: 7/2-5 Euro, Familienkarte 14 Katalog erschienen in der Edition Hansjörg Mayer (ISBN: 978-3-86560-480-4)
Weitere Infos: www.kunsthalle-bielefeld.de