In der Vergangenheit waren La Luz vor allem darauf bedacht, ihren mitreißenden Live-Sound bestmöglich im Studio abzubilden, vier Jahre nach ihrer letzten Glanztat, ´Floating Features´, lassen Sängerin und Gitarristin Shana Cleveland, Keyboarderin Alice Sandahl und Bassistin Lena Simon nun den elektrisierenden Surf-Trash-Faktor ihrer Vorgängerwerke ein Stück weit zurück und widmen sich auf ihrem vierten Album, das schlicht den Namen der Band trägt, einem spürbar vielschichtigeren, stärker psychedelisch umspülten und oft wunderbar intimen Sounddesign, dass die eindringlichen Texte und das blinde Verständnis der drei Protagonistinnen im Zusammenspiel mehr denn je betont.
Fragt man Shana Cleveland, wonach sie beim Schreiben der Texte für die Lieder von La Luz sucht, muss die Frontfrau des Trios nicht lange überlegen. „Ich bin immer auf der Suche nach etwas, dem ein kraftvolles Geheimnis innewohnt“, erklärt sie beim Videocall mit der Westzeit. „In der Vergangenheit habe ich bei La Luz stets versucht, die Texte simpel zu halten, ganz einfach deshalb, weil ich alte Soulmusik so liebe. Dort gab es viele Texte, die völlig unkompliziert, aber trotzdem ungemein eindringlich sind. Anfangs war es eine der wichtigsten Leitlinien für mich, bei La Luz Texte zu schreiben, die man hören und sofort verstehen kann. Gleichzeitig sollte da aber auch mehr sein, wenn man danach sucht. Es sollte sich niemand ausgeschlossen fühlen, obwohl es mir immer schon wichtig war, dass es da noch ein verborgenes Geheimnis gibt, nach dem man suchen kann, wenn man mag. Das gilt immer noch, wenngleich es auf dem neuen Album bisweilen etwas schräger zugeht. Am Ende will ich aber immer das Gefühl haben, dass ich Songs schreibe, die ich nicht vollkommen verstehe. Ich fühle sie, aber ich verstehe sie nicht unbedingt.“Die Magie des Unerklärlichen macht sich bei La Luz aber nicht nur in den Songtexten bemerkbar. In mittlerweile rund zehn Jahren ist die Band zu einer echten Einheit zusammengewachsen, die nach dem Ausstieg von Schlagzeuger Marian Li-Pina noch enger zusammengerückt ist – auch wenn das zu Pandemiezeiten ob der räumlichen Trennung nicht immer ganz leicht war. „Es war in der Tat ganz schön kniffelig“, erinnert sich Shana. „Wir haben eine Menge Apps ausprobiert, die es uns hätten erlauben sollen, zusammen zu spielen, aber keine davon wollte so richtig funktionieren. Deshalb haben wir lange mit der Trial-and-Error-Methode nach Wegen gesucht, wie wir kollaborieren können, auch wenn wir nicht zusammen an einem Ort sind. Dass es letztlich doch funktioniert hat, liegt einzig und allein daran, dass wir drei nach all den Jahren eine Art außersinnliche Wahrnehmung bei der Zusammenarbeit entwickelt haben. Anfangs waren wir ziemlich nervös und taten alles dafür, dass es sich so anfühlte wie früher, doch dann entschieden wir uns dazu, das alles über Bord zu werfen und etwas anderes zu versuchen.“ Sie lacht. „Zum Glück hat das prima geklappt!“
Tatsächlich hat sich die räumliche Trennung und die dadurch veränderte Arbeitsweise, die nicht allein der Pandemie geschuldet ist – früher allesamt in Seattle heimisch, leben die Musikerinnen nun in verschiedenen Orten –, spürbar auf die Dynamik innerhalb der Band niedergeschlagen. „Das ist sicherlich auch dadurch passiert, dass wir nun ein Trio und kein Quartett mehr sind“, überlegt Shana. „Es gab weniger Stimmen, und das hat dafür gesorgt, dass wir uns besser aufeinander einlassen konnten. Weil wir weniger waren, ist es uns leichter gefallen, uns auf das zu konzentrieren, was die anderen tun.“ Die Zusammenarbeit mit Produzent Adrian Younge, eigentlich ein ausgewiesener Soul- und Hip-Hop-Experte, der hier erstmals auf Rock-Terrain unterwegs war, sorgte dann vollends dafür, das im Bandgefüge von La Luz (fast) nichts mehr wie früher war. „Es fühlte sich so an, als sei Adrian Teil der Band und nicht nur der Produzent“, gesteht Shana. „Das war ganz anders als unsere bisherigen Erfahrungen mit Produzenten, weil es Adrian nicht nur darum ging, unseren Sound einzufangen, sondern er auch in den kreativen Prozess involviert war.“
Dabei haben La Luz eine Platte aufgenommen, die wunderbar authentisch den Sound der späten 60er-Jahre einfängt, sich mit Arrangements, die verspielt, organisch und überraschend zugleich sind, klaren Genreabgrenzungen aber kunstvoll entzieht. „Adrian dagegen ist in dieser Hinsicht unglaublich wissbegierig“, verrät Shana. „Es gibt da ein Buch, ich glaube, es heißt ´Recording The Beatles´, das die technischen Aspekte der Aufnahmen der späteren Beatles-Alben beleuchtet, und er hat es studiert, als sei es ein Lehrbuch. Das überrascht viele, weil er ja in erster Linie ein Hip-Hop-Produzent ist, aber er wollte Produzent werden, weil er die Samples auf den Hip-Hop-Platten mochte, und er wollte wissen, wie man die Musik macht, die dort gesampelt wurde, nur um dann festzustellen, dass vieles davon aus der Phase stammt, die ich für die Goldene Ära in puncto Aufnahmen und Produktion halte - die späten 60er und frühen 70er.“ Sie strahlt. „All meine Lieblingsplatten stammen aus der Zeit und es war eine Freude, mit jemand zusammenzuarbeiten, der genauso besessen von diesem Sound ist wie ich!“
Aktuelles Album: La Luz (Hardly Art/Cargo)
Weitere Infos: luzer.online Foto: Pooneh Ghana