Also dafür, dass auf den Färöer Inseln nicht ein Mal 50000 Einwohner leben, gibt es dort eine erstaunlich große Dichte an Musikern, die sich auch international bemerkbar machen. Neben Teitur und Eivør gehören auch Konni Kass und ihre Musiker Torleik Mortensen, Knút Háberg Eysturstein und Per Ingvaldur Højgaard Petersen dazu; auch wenn Konni selbst meistens in Dänemark lebt (schon alleine deshalb, weil sie nach ihrem abgeschlossenen Medizin-Studium nun auch als Ärztin im Krankenhaus arbeitet). Und dass die Musiker extra aufgelistet werden, hat auch seinen Grund, denn diese sind ein integraler Bestandteil des kollaborativ ausgerichteten Musikprojektes Konni Kass.
Sei es drum: Wegen des Musik-Studiums hat es ganz schön lange gedauert, bis Konni ihr nun endlich vorliegendes, zweites Album „Diplopia“ in Angriff nehmen konnte. Als Konni 2016 ihr Debüt-Album „Haphe“ veröffentlichte, suchte sie mit ihrer Band noch nach einer eigenen musikalischen Identität, in der zum Beispiel auch Erfahrungen aus ihrer Ausbildung als Jazz-Saxophonistin einfließen könnten. Mit „Diplopia“ marschiert sie – mit Hilfe des in London ansässigen Produzenten Jens Ladekarl Thomsen – nun ziemlich deutlich und entschieden in Richtung E-Pop. Der Name des Albums „Diplopia“ bezieht sich auf den Effekt des Doppel-Sehens durch Schielen. Was hat denn das mit Konnis Musik zu tun?"Ja, 'Diplopia' ist der medizinische Fachbegriff für das Doppelt-Sehen“, erklärt Konni, „ich bin darauf gestoßen, als ich mich für mein Examen vorbereitete. Ich bin immer ziemlich visuell orientiert, wenn es um Worte geht. Das Wort sah für mich einfach gut aus – und es machte ja auch Sinn, weil ich gerade Medizin studierte und gleichzeitig an meiner Musik arbeitete. Ich habe also sozusagen zwei Seiten. Die Sache mit der Medizin ist dabei mein geheimes Leben, das sich doch sehr von dem unterscheidet, das ich mit meiner Band auf Tour führe. Das ist dann eine andere Dimension, die meine Musiker nicht wirklich verstehen."
Wie kam es denn, dass Konni mit dem neuen Album so deutlich in eine Pop-Richtung gehen wollte – denn das wäre nach den eher Club-orientierten Shows, die sie zuletzt spielte, ja gar nicht zu erwarten gewesen.
"Meine Vision war aber von vorneherein, eine Pop-Scheibe zu machen“, meint Konni, „ich liebe es, Popmusik anzuhören. Tatsächlich höre ich hauptsächlich selber auch Pop und R'n'B. Meine Bandmusiker haben natürlich sehr unterschiedliche Referenzen für mich, denn sie hören sich ganz verschiedene Musik an – was auch schon auf der ersten LP dazu geführt hat, dass alle unsere Ideen zusammen in einem Topf landeten. Ich würde also sagen, dass das dann eher einen Band-Sound ergab. Auf der neuen LP sollte es eher in die Richtung der Musik, die ich mir selbst gerne anhöre gehen und ich wollte weg von diesem Bandsound und auf diese Weise mal ein paar Sachen ausprobieren. Aber natürlich wird alles geprägt von den Menschen, die involviert sind – und die Musiker sind natürlich mit ihren Ideen auch alle auf der Scheibe zu hören."
Welchen Stellenwert nehmen denn die Texte in Konnis Projekt ein? Worüber singt sie in ihren neuen Songs?
"Ich erzähle eigentlich keine Geschichten in meinen Songs“, gesteht sie, „es ist nämlich so, dass ich immer zuerst die Musik habe – wobei die Melodie mir stets das Wichtigste ist – und ich erst dann die Texte mache. Und diese müssen sehr gut zu der Musik passen. Besonders wichtig ist mir dabei der Klang der Worte. Es ist mir also wichtiger, dass es gut klingt, als dass ich eine Geschichte erzähle."
Wie könnte es denn für Konni weiter gehen?
"Ich muss meine Zeit ja zwischen meiner Arbeit im Krankenhaus und der Musik aufteilen. Zur Zeit sieht es so aus, dass wir im Sommer ein paar Konzerte in Skandinavien angesetzt haben – die Tour aber auf das nächste Jahr verschieben mussten. Und musikalisch könnte ich mir vorstellen, dass die nächste Scheibe dann weniger üppig arrangiert sein könnte. Ich habe ja dieses Mal viel mit Sounds und Effekten und Instrumenten experimentiert – und möchte beim nächsten Mal dann wieder songorientierter und organischer arbeiten."
Aktuelles Album: Diplopia (Koka Records)
Foto: Beinta á Torkilsheyggi