Ursprünglich war die Sache recht einfach: Spinning Coin war eine jener urigen schottischen Indie-Pop-Bands aus der lebendigen Glasgower Szene und mischte seit ungefähr 2014 die Schrammelpop-Szene mit diversen Singe-Veröffentlichungen und Live-Shows auf – z.B. als Support der großen Vorbilder von Teenage Fanclub. Dabei hatte die Band um das Songwriter-Duo Sean Anderson und Jack Melin sich sogar eine musikalische Subnische herausgearbeitet, die sich in einem leicht hysterischen Vortrag des hyperaktiv angereicherten Songmaterials manifestierte.
Dann indes kam das Leben dazwischen: Nachdem die Band 2017 ihr Debütalbum „Permo“ auf dem Pastels-Heimlabel Domino veröffentlicht hatte, stieg der Bassist Cal Donnelly aus der Band aus und die gerade – eigentlich als Keyboarderin - hinzugekommene Rachel Taylor musste dessen Platz einnehmen. Hinzu kam, dass die Kanadierin Rachel Taylor das UK verlassen musste, weil sie schlicht nicht genug Geld verdiente, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Das hatte zwar nichts mit dem Brexit zu tun – fiel aber zufällig genau in diese Zeit. Und es führte dazu, dass Rachel zusammen mit Sean Anderson nach Berlin übersiedeln mussten. Kein Wunder also, dass das zweite Album „Hyacinth“ ziemlich spontan und hektisch am Ende einer Tour bei einem Studioaufenthalt in Frankreich fast schon eher zufällig entstand.In der Bio heißt es, dass die Band aufgrund der etwas chaotischen Situation darauf angelegt hatte, die neuen Songs düsterer anzulegen. Das scheint aber nicht geklappt zu haben, denn das neue Material hat eher eine jubilierende, freudige Kraft.
„Nun ja, wir haben ja nicht wirklich viel Kontrolle darüber, wie unsere Musik wahrgenommen wird“, gibt Sean Anderson zu Protokoll, „wir hatten zumindest gedacht, dass es düsterer klingen würde.“
Nach einem großen Masterplan hört sich das aber nicht an.
„Nein – es gibt auch keinen bewussten Ansatz beim Songwriting“, gesteht Rachel, „es gibt gewisse Tendenzen in Sean und Jacks Songs – aber keinen Plan. Sie bringen ihre Songs und dann spielen wir sie dann einfach.“
Dazu muss man noch wissen, dass Sean und Jack ihre Songs jeder für sich schreiben.
Warum heißt das neue Album ausgerechnet ´Hyacinth´?
„Wir hatten eine lange Liste an möglichen Namen“, erläutert Sean, „und wir haben uns für 'Haycinth' entschieden, weil es einfach eine Blume ist, die wir besonders mögen.“
„Wenn Jack hier wäre, würde er vermutlich sagen, dass es um den Klang des Wortes ging“, ergänzt Rachel, „und die Hyazinthe als Aspekt des Frühlings spielte wohl auch eine Rolle.“
Wovon singen Spinning Coin eigentlich? Gibt es zum Beispiel einen thematischen Rahmen?
„Vielleicht ist die neue Scheibe etwas anders als die letzte“, überlegt Sean, „auf der letzten Scheibe ging es eher um die Botschaft – wie man sich fühlt in einer Welt wie dieser zu leben. Auf der neuen Scheibe ging es nicht um die Botschaften, sondern um das, was wir erreicht hatten, zu perfektionieren.“
„Jack wollte auf der ersten Scheibe explizit politische Statements zum Ausdruck bringen“, meint Rachel, „auf der neuen Scheibe ist alles abstrakter und nachdenklicher.“
Wenn es Spinning Coin jetzt nicht um die Botschaften geht – worum geht es denn?
„Vielleicht darum, der Musik – und der Botschaft - ihren freien Lauf zu lassen?“ fragt Sean sich selbst, „denn wenn ich versuche, alles zu sehr zu kontrollieren, dann wirkt das doch zu gewollt. Man wird sich dann zu viel Stress und das ist dann, wie wenn Du Dich in zwei gegenüberliegenden Spiegeln betrachtest und das Bild immer kleiner wird. Du verlierst dann den Fokus uns kannst am Ende nichts mehr erkennen.“
„Ja, das stimmt”, bestätigt Rachel, „alles verliert seine Bedeutung, weil es kein natürliches Zentrum mehr gibt.“
Das heißt also: Kein Plan ist der Plan – und der Rest verliert sich dann im Spiegelbild des Lebens ...
Aktuelles Album: Hyacinth (Domino)
Foto: Owen Godbert