In den letzten 15 Jahren hat Emil Svanängen alias Loney Dear immer wieder mit seiner stets im Fluss befindlichen Melange aus symphonischer Brillanz und popmusikalischer Cleverness von sich reden gemacht. Nach sechsjähriger Veröffentlichungspause meldet sich der kauzige Schwede nun mit neuen Zielen und einem songdienlich-elektronischen Album zurück, das schlicht den Namen seines Projekts trägt.
„Es hat viel Zeit gekostet, das richtige Team zu finden, mit dem ich zusammenarbeiten konnte“, erklärt Svanängen die lange Auszeit, als wir ihn nach seinem Auftritt beim Way-Back-When-Festival in Dortmund treffen. „Ich hätte ein Album, wenngleich vielleicht ein nicht so gutes, schon deutlich früher veröffentlichen können.“ Letzten Endes hat es sich für ihn aber ausgezahlt, die Ruhe zu bewahren. Jetzt prangt der berühmte Farbbalken von Real World hinten auf dem Cover seiner neuen Platte. „Das ist toll, oder?“, fragt er mit leuchtenden Augen, spürbar stolz, nun zur Künstlerfamilie von Peter Gabriels renommiertem Label zu gehören. Zustande kam die Verbindung durch Svanängens schwedische Musikerkollegin und Tourbegleitung Jennie Abrahamson, die zuletzt auch mit dem einstigen Genesis-Frontmann unterwegs war. „Peter fragte mich dann, ob ich jemanden habe, der meine Musik veröffentlicht, und so kamen die Dinge ins Rollen“, erinnert sich Svanängen.Der neuen Platte, die er selbst in Anlehnung an das Covermotiv das „Dreieck-Album“ nennt, war eine große Lebenskrise vorangegangen, doch aus vielen nicht selten schmerzhaften, tränenreichen Erfahrungen ist er menschlich und künstlerisch gestärkt hervorgegangen. So sehr sogar, dass ihn sein neuer Labelboss bereits als „Europas Antwort auf Brian Wilson“ bezeichnet hat. „Ich hoffe, dass ich nie so abdrehe wie Brian“, sagt Svanängen, auf den genial-verschrobenen Beach-Boys-Kopf angesprochen, und muss lachen. „Mit ihm verbindet mich sicherlich die Liebe zur Wall-of-Sound-Technik, auch wenn ich mich gerade davon etwas wegbewege.“
In der Tat ist die neue LP in gewisser Weise immer noch eine Reaktion auf die beiden üppig produzierten Werke ´Dear John´ von 2009 und ´Hall Music´ aus dem Jahre 2011, mit denen Svanängen rückblickend nicht mehr so glücklich ist. „Ich hätte damals jemand um Hilfe bitten sollen, um die Songs zu entschlacken“, gibt er selbstkritisch zu. „Ich überlege derzeit, beide Platten erneut auf Vinyl herauszubringen und vielleicht ein paar Dinge daran zu verändern.“ Dass der 38-jährige Multiinstrumentalist als selbst erklärter Perfektionist inzwischen an einem Punkt in seiner Karriere, nein, seinem Leben angekommen ist, an dem er sich von anderen unterstützen lässt, sieht er als wichtige Entwicklung. „Dass ich nun bereit dazu bin, Hilfe anzunehmen, liegt sicherlich auch daran, dass ich in der Vergangenheit zeigen konnte, was ich allein imstande bin zu leisten. Ich muss deshalb heute nicht mehr angeben.“ Deshalb sind die Lieder der neuen LP zwar weiter oft komplex, aber merklich schlanker produziert, doch selbst das soll nach dem Willen Svanängens nur ein Zwischenschritt sein. „Das Dreieck-Album ist schon schlichter als die vorherigen, der Sound ist abgespeckter, aber in Gedanken bin ich schon bei der nächsten Platte, die noch schlanker, oder besser, noch klarer sein soll: So wie Tomatensalat – kaum Zutaten und trotzdem richtig gut!“
Doch Svanängen verabschiedet sich mit dem neuen Album nicht nur von seinem Hang zu überproduzierten Nummern, inzwischen verfolgt er auch ganz andere Ziele beim Songwriting. „Wenn ich heute Lieder schreibe, dann suche ich dabei nicht zuletzt nach einer guten Stimmlage für meinen Gesang“, sagt er und liefert die Erklärung dafür gleich hinterher: „Früher waren mir die Texte vollkommen egal. Als ich anfing, ging es mir allein um die Musik, aber jetzt liebe ich es, mich mit Worten auszudrücken.“ Kein Wunder, schließlich steigt mit zunehmendem Alter auch der Erfahrungsschatz, aus dem er für seine Texte schöpfen kann. „Da ist was Wahres dran!“, stimmt er zu. „Gleichzeitig habe ich entdeckt, was Poesie ist, oder zumindest, was ich daran mag: Dinge mit Worten zu beschreiben, die eigentlich unbeschreiblich sind. Es ist viel besser, sich an der Sprache zu erfreuen, als ein Lied nur mit Worten vollzustopfen.“
Weitere Infos: www.loneydear.com