Alles was recht ist: Eine weitere Songwriterin von der Stange ist Lesley Kernochan nun wirklich nicht. Das nun vorliegende, internationale Label-Debüt ´A Calm Sun´ ist schon ihre fünfte Scheibe. Vorher gab es bereits ein A Capella-Album, eine Scheibe mit Kinderliedern und zwei sehr unterschiedliche Songwriter-Alben – das eine mit jazzigem Pop, das andere mit souligen Untertönen. ´A Calm Sun´ ist nun ein reinrassiges Country-Werk geworden.
Überraschen tut das nicht, denn zuvor sang Lesley im Chor, studierte zeitgenössische Komposition und Opern-Gesang, arbeitete jahrelang als Jazz-Saxophonistin und spielte in Kabarett-Bands mit, bevor sie überhaupt erwog, eigene Songs zu schreiben. Wie es scheint, war die Entscheidung, als Songwriterin ihr Glück zu finden, das Ergebnis eines lange andauernden Selbstfindungprozesses für Lesley Kernochan.„Ja – und zwar in mehrerlei Hinsicht“, bestätigt Lesley, „denn ich überlegte zu der Zeit, als ich nach dem College langsam anfing, eigene Songs zu schreiben, was ich denn mit meinem Leben anfangen solle und stellte mir vor, was ich machen würde, wenn ich nur noch zwei Wochen zu leben hätte. Ich habe mir dann überlegt, dass ich mich in einem Raum einschließen würde, um ein Album aufzunehmen. Das war mein Herzenswunsch.“
Hat Lesley das dann auch gemacht?
„Neiiiin“, meint sie lachend, „das hat am Ende dann Jahre gedauert. Es dauerte einfach eine Weile, bis ich genügend Songs zusammen hatte, die ich wirklich mochte. Wenn ich mir das so anschaue, dann schaffe ich es etwa alle drei Jahre ein Album fertig zu stellen.“
Nun gut: Jazz, Oper, Folk, Rock, Country – damit kann man ja schon mal arbeiten. Aber gibt es da nicht eine Präferenz?
„Ich mag halt nun mal viele verschiedene Arten von Musik“, verteidigt sich Lesley, „ich verliebe mich also in irgend etwas und fange dann an in diesem Stil zu schreiben. Das geschieht nicht absichtlich, sondern passiert halt irgendwie. Zu der Zeit von 'Undulating' war ich zum Beispiel gerade total besessen von Bobby McFerrins Musik. Bei 'The Pickle Jar' war es das gleiche mit Regina Spektor. Und was die Country-Scheibe betrifft war es ein neuer Kollege namens Sam Outlaw, den ich wundervoll finde.“
Dabei scheint es auch von Lesleys Umgebung abzuhängen, welche Art von Musik sie gerade favorisiert, denn ´A Calm Sun´ entstand in Los Angeles und New York. Nun assoziiert man aber ja nun gerade nicht als erstes New York, wenn man an Country-Musik denkt.
„Weißt Du: Ich habe in New York gelebt und habe meinen Trost in dieser Country Bar gefunden“, erinnert Lesley sich. „diese Art von Musik hat dazu geführt, dass ich mich in einer Stadt, die mich eigentlich eingeschüchtert hatte, wieder wohlfühlen konnte.“
Daher stammt gewiss auch der Titel ´Country In The City´, gell?
„Ja – deswegen ist mir der Song auch so wichtig; weil er nämlich aussagt, dass mich die Country Musik in der großen Stadt gerettet hat.“
Dabei hat Lesley als Songwriterin gar kein richtiges Rezept, wenn es darum geht, Songs zu schreiben. Sie begibt sich stattdessen auf eine Suche:
„Für mich muss jeder Song auf eine andere Art und Weise geschrieben werden“, überlegt Lesley, „die Hauptsache ist dabei, dass ich mir genau zuhöre. Ich habe ein Notizbuch, in dem ich alles niederschreibe, setze mich auf mein Fahrrad und suche mir einen Ort, der sich magisch anfühlt – und dann kann ich auch schreiben. Das Wichtige ist es dabei, diesen Ort finden zu können.“
Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist natürlich, dass dabei im besten Fall auch Songs entstehen, die selbst magische Qualitäten besitzen. Und dieses Ziel hat Lesley Kernochan auf ´A Calm Sun´ tatsächlich erreicht.
Aktuelles Album: A Calm Sun (Make My Day / Indogo) VÖ: 16.12.