Corroded sind Schweden und kommen aus einem Ort, den die meisten wohl erst mal googeln müssen (ich zumindest musste es). Sie kommen aus Ånge in Mittelschweden – einem wenig aufregenden 3.000-Seelenstädtchen, das jedoch an zwei Punkten die Aufmerksamkeit auf sich zieht: innerhalb der Gemeindegrenzen liegt der geografische Mittelpunkt Schwedens und die Band Corroded, die es schaffte, alle bisher veröffentlichten Platten mühelos weit vorn in der nationalen Hitparaden zu platzieren.
Unter der Fahne des MetalCorroded wird schnell attestiert, dass sie unter der Fahne des Heavy Metal segeln. Das trifft einerseits zu, andererseits wieder nicht. Wären Corroded im Ski-Slalom unterwegs, würden an den Toren, die die Kurvenfolge festlegen, Fahnen ganz unterschiedlicher Aufschrift flattern. Neben Heavy etwa Hard Rock, Alternative Metal oder auch Post Grunge. Gegen dieses Bild hat Sänger und Gitarrist der Truppe Jens Westin auch rein gar nichts einzuwenden.
„Warum sollten wir auf der Suche nach guter Musik, die uns beeinflussen kann, Scheuklappen anlegen?“, fragt er, „und so stehen wir eben in der Tradition der schwerlastigen Rock-klänge der 70er-Jahre, ignorieren aber auch die Errungenschaften der Jetztzeit nicht.“
Unter diesen Einflüssen schreiben drei Mitglieder des Quintetts, wann immer sie dazu Zeit haben – zu Hause, im Tourbus, beim Soundcheck oder im Hotelzimmer.
„Über Mangel an Musik müssen wir uns wirklich nicht beklagen“, lacht Jens Westin, „doch mit den Texten – die steuere ich bei - führe ich so manchen Kampf. Mein Kopf sagt mir genau, was ich schreiben soll, doch meine Finger bringen es nicht zu Papier.“
Corroded erzählen Geschichten, doch sie erzählen sie so, dass der Schluss offen bleibt. Offen für die Hörer, die die Corroded-Erzählung je nach Gemütslage für sich selber zu Ende erzählen können.
Ausgeprägter Sinn für Melodien
Vielleicht waren die frühen Black Sabbath, die mit ihren Melodiebögen à la ´Paranoid´, die dafür gesorgt haben, dass bei Corroded Metal und Melodie aufeinander prallen. Oder waren es die gnadenlos aufregenden Melodien, die The Beatles ihren Stücken angedeihen ließen, die dafür verantwortlich gemacht werden können, dass Corroded komplett ohne Gebrüll und Geschrei auskommen.
„Nun ja, schließlich waren es The Beatles, die mir in frühen Jugendjahren als erste aus dem Genre populäre Musik zu Ohren kamen“, blickt Jens Westin zurück und in den Plattenschrank seiner Eltern. Dennoch muss sich kein Hardrocker Sorgen machen, der Versuchung, dass mal ein Lied ins Poppige abdriftet, der erliegt die schwedische Band nie. So wie Corroded ihre Lieder stylen, bleibt da genügend Platz für raue Ecken und scharfe Kanten. ´State of Disgrace´ – das dritte Album zeigt Corroded in bester Verfassung. Alle Stücke sind mitreißende, satte Rocknummern, die zudem auch in den Gitarrenriffs faszinierend rhythmusbetont daher kommen. Wenn Jens Westins charismatische, angedunkelte und wandelbare Stimme sich dann noch den unglaublich einprägsamen Refrains anmacht, veredelt sie die Lieder voller Hingabe. Wie das Corroded-Klangbild live rüberkommt, davon konnte man sich auf der November-Tour mit Airbourne überzeugen.
Aktuelles Album: State of Disgrace (Ninetone Records / Rough Trade)