Warum zieht jemand von der in die Sonne getauchte Insel Barbados in die Schweiz? Oder andersherum gefragt, was hat derjenige im Gepäck? Sonne natürlich! „So einfach und vor allem klischeehaft ist es dann doch nicht“, lacht William White, „das Album ‚Evolution’ ist sonnig, die Texte sind positiv, aber es ist kein Partyalbum.“
GeschichtenerzählerWilliam White ist eher ein intimer Geschichtenerzähler, einer dessen Streben sich nicht auf das Stadion und damit die Massenveranstaltung richtet.
„Ich möchte lieber bei den Hörern im Wohnzimmer sein“ gibt er freimütig zu, „ich will die Augen sehen können und die vom Leben ins Gesicht gegrabenen Falten. Die Musik, die diesem privaten Augenblick angemessen ist, die fehlte mir. So habe ich beschlossen, sie zu machen.“
Er spricht in seinen Texten über die Gegensätze der Welt, in der die Einen Millionen scheffeln und die Anderen ihren Kindern beim Streben zusehen müssen. Und über die trunkene Süße der Liebe. Das zweite Album von William White ist nicht rockig, nicht aggressiv, doch William White lässt in seine Stücken genau so wärmend die Sonne aufgehen, wie er gleichzeitig kühlenden Wind zufächelt. Er lässt die Lieder wirken. Diese Wirkung ist eine mythische und magische.
„Ich will, dass in meinen Stücken Herz und Seele sprechen“, unterstreicht William White mit Nachdruck, „Marktgesetze waren mir schon immer egal.“
Um genau diesen Zungenschlag zu treffen, macht sich William White auf den Weg. Gibt den aufmerksamen Beobachter. „Ich suche, ich finde“, sinniert er, „wichtig ist, sich immer vor Augen zu halten, dass man hat es nie erfunden, man hat es höchstens gefunden. Und aus der Ich-Interpretation des Gefundenen wird dann das Lied.“
Dieses Finden kann immer und überall stattfinden.
„Beim Laufen oder beim Autofahren, du musst nur da sein, wenn die Muse vorbeihuscht“, weiß William White, „und dieses Immer und das Überall liefern den Rhythmus gleich mit. Je nachdem ist der Fußtritt beim Laufen der Rhythmus des zu schreibenden Stückes oder auch der des Autoscheibenwischers.“
Das Erbe aus Barbados
Die musikalische Sozialisation aus der Karibik, die hat William White auch in die Berge der Schweiz hinüber gerettet. Seine Kindheit wurde von schwarzer Musik der US-Radios und karibischer Musik des Inselradios beschallt.
„Besonders nachhaltig hat mich Bob Marley beeindruckt“, erinnert sich William White n diese Zeit, „er ist der wohl bis heute toppaktuellste karibische Künstler. Er war es auch, der mich zur Musik brachte. Ich muss vier oder fünf Jahre alt gewesen sein, da habe ich draußen vor dem Haus ‚Three Little Birds’ von Bob Marley gesungen. Meine Mutter hörte mich durchs offene Fenster und dachte, das Radio läuft. Wenig später, als ich wieder oben war, sagte sie zu mir, William, du hast etwas, was wenige haben, eine fabelhafte Stimme. Gebrauche sie.“
Wenn William White den Reggaegitarrenschlag, wie in „Evolution“ leicht verschleppt, sich das süß tönende Orgelschmalz darüber ergießt, mit den Saiten verschmilzt und sich Stimme und Chöre Raum greifen, dann ist die eine intime Stimmung da, wie sie intimer nicht sein könnte. Wenn dann noch das Saxofon darüber Couverture träufelt, dann ist die Emotion auf dem Siedepunkt. Und die Magie, die damals seine Mutter gespürt haben muss stürzt, um ein Vielfaches potenziert, auf einen ein.
Aktuelles Album: Evolution (Chilly Media / Broken Silence)