Wiens No. 1 kommen, wie bereits unschwer zu erraten, aus Wien und machen Oi! Okay, diese Einleitung ist echt ein bisschen mickrig und wird der Combo um Sänger Stefan nicht gerecht. Wiens No. 1 bestechen durch klassischen Streetpunksound, manche betonen Bostoner Streetpunksound - Stefan nimmts leicht und fragt mich leicht amüsiert, wo denn überhaupt der Unterschied zwischen Streetpunk und Oi sei.
Keine Ahnung - wir sind überfragt! Jedem, der sich ein bisschen in der Szene auskennt und seine Gedanken ein wenig in die Vergangenheit schweifen lässt, dürfte der Name Panzerknacker noch ein Begriff sein, berüchtigte Oi/Punkband, ebenfalls aus Wien, die von 1993-2002 ihr Unwesen trieb. Quasi nahtlos knüpft deren Geschichte an die Wiens No. 1 an, war doch kein Geringerer als Stefan auch dort schon als Frontmann tätig. Bei der Frage nach der Musik seiner Jugend kommen wir beide ins Schmunzeln, darf man unter Gleichaltrigen doch ruhig zugeben, dass wir beide Kinder der 80er waren und auf die Neue Deutsche Welle abgefahren und cool wie wir auch heute sind, unsere Hintern zu Nena, Hubert Kah, Trio, aber auch den absoluten Punkveteranen OHL geschüttelt haben.Die Lyrics des Wiener Quartett bestechen durch Eingängigkeit und Uniqueness. Hier wird keiner mit der Nase in politische Attitude gedrückt, anders und aufrecht zu sein bildet den Grundtenor.
„Wir möchten unsere Fans nicht in irgendeine politische Richtung weisen oder gar indoktrinieren. Jeder muss für sich entscheiden, was er denkt, unsere Meinung drücken wir subtil aus, wie z.B. in unserem Song ‚Zug nach Nirgendwo‘. Uns geht es vielmehr darum, unserem Stolz - anders zu sein - Ausdruck zu verleihen, unsere Art zu leben zu repräsentieren und einfach eine gute Zeit zu haben. Diesbezüglich sind sich viele Subkulturen untereinander gar nicht unähnlich: Die Stärke, die Einem zuteil wird, dadurch dass man sich von der Masse abhebt, authentisch bleibt trotz bürgerlicher Zwänge und jeden Tag gerne in den Spiegel guckt, wohlwissend sein Leben so zu gestalten, wie man es für richtig hält, egal was andere dazu sagen. Auf unseren Konzerten tauchen auch regelmäßig Rockabillies, Psychos oder Punks auf, weil die Grundeinstellung die Gleiche ist.“
Die Szene in seiner Heimatstadt ist, trotz der Tatsache, dass Wien eine solche Millionenmetropole ist, eher überschaubar und leider auch faul.
„Die Leute sind so übersättigt, die kriegen ihren Hintern einfach nur schwer hoch. Heutzutage finden überall soviele Shows statt, dass man gar nicht mehr dieses Gefühl kennt, sich monatelang auf ein Konzert zu freuen. Wenn ich dran denke, wie wir damals rumgereist sind, um uns eine Band anzugucken - von Wien nach Bremen, 1100 km, eine Strecke - und das per Interrail, weil Fliegen war ja damals noch unbezahlbar. Das Gleiche gilt für Klamotten: Vor dem Zeitalter von Internet musste man noch Gott weiß wo hin fahren, um ein paar Steifel zu kaufen und wenn mal ein Kumpel nach London fuhr, bekam er ellenlange Wunschlisten mit und tingelte dementsprechend mit Unmengen an Bargeld durch halb Europa. Es bedeutete viel mehr Aufwand, sein Ding durchzuziehen. aber vielleicht war es auch gerade dadurch eine supercoole Zeit mit dem Gefühl grenzenloser Freiheit.“
Und was würdest Du Dir wünschen, was z.B. Dein Sohn in ein paar Jahren als Quintessenz aus einer Eurer Shows zieht?
„Natürlich würde ich mir wünschen, dass er so sehr Gefallen an unserer Szene findet, dass er in meine Fußstapfen treten möchte. Aber am wichtigsten wäre mir, dass er einfach nur eine gute Zeit hat und lernt, für sich selbst gerade zu stehen.“
Aktuelles Album: Zügellos? (Sunny Bastards / Broken Silence)