Glaubte man den Kritikern im Jahre 2007, war „Young Folks“ der bis dato beste Song, den Peter, Bjorn And John je fabriziert hatten. Kein Wunder also, dass die Single zu einem waschechten Dancefloor-Killer und gleichzeitig zu einer Belastung für das Trio wurde: Nicht wenige erwarten vom neuen Longplayer „Living Thing“ ein ähnliches Hit-Potenzial – wogegen sich die einzelnen Songs hörbar wehren.
Es ist eine Krux, wenn der Sound einer Band an einem einzigen Sample festgemacht werden kann. Peter, Bjorn And John musizieren seit einer Dekade zusammen und veröffentlichten ihre ersten beiden Alben fast unter Ausschluss der europäischen Öffentlichkeit. Erst ihr letztes Studiowerk „Writer’s Block“ sorgte für größeres Aufsehen und wurde allein wegen einer Single zum Kassenschlager.„Für mich war ‚Youngs Folks’ ein Lied wie jedes andere. Für euch scheinbar nicht: Wenn die Leute dieser Tage beim Namen Peter, Bjorn And John stutzen, brauchen wir nur die Melodien pfeifen und schon fällt der Groschen“, erklärt Sänger Peter Morén und ergänzt kritisch „über den Erfolg freuen wir uns natürlich – auch wenn er ein paar Schattenseiten hat.“
Die Schattenseiten zeigten sich am deutlichsten vor den Aufnahmen zum neuen Album „Living Thing“. Das Trio hatte schwer daran zu knabbern, was wir und vor allem, was sie von sich selbst erwarten: Den nächsten Hit abliefern oder alles ganz anders machen?
So gesehen ist die Scheibe eine Mischung aus beidem geworden: „Niemand innerhalb der Band hatte Lust zur Totalverweigerung. Wir wollten aber trotzdem neue Facetten von uns preisgeben und verpassten den Songs sehr viele Samples. Ich persönlich muss sagen, dass dies die poppigste Platte ist, die Peter, Bjorn And John jemals veröffentlicht haben. Auch wenn es wie ein schlechter Scherz klingt.“
Nicht ganz, denn einige sehr avantgardistische Momente und der hohe Anteil an elektronischen Versatzstücken verwundert schon. Wofür die Band freilich die passende Erklärung parat hat:
„Wir zogen in den letzten Jahren viel als DJs durch die Weltgeschichte. Dabei fiel uns auf, wie gut sich Menschen amüsieren, obwohl die Musik zur Party ohne irgendwelche Instrumente erzeugt wird!“
Genau diese Erkenntnis eröffnete dem Trio neue Wege:
„Du stehst dann einen Tag später im Studio, spielst dir die Finger wund und denkst plötzlich an gestern Abend – wo du eine Superzeit hattest, obwohl dein Instrument nicht dabei war. John verließ kurzerhand den Aufnahmeraum, drehte draußen an den Reglern und was wir hörten, flashte uns sofort!“
Ob das Publikum damit etwas anfangen kann, wollen die drei Schweden gar nicht beurteilen und machen sich sogar einen Spaß aus den Erwartungshaltungen: „Falls ‚Living Thing’ niemanden gefällt, ist das nicht schlimm! Zum einen werden wir weiterhin ‚Young Folks’ in petto haben und andererseits machten wir diesmal einfach worauf wir Bock hatten. Das reicht fürs Erste.“
Was jedoch noch ungeklärt ist, sind die verschiedenen Orte, an denen die Platte aufgenommen wurde. Nicht nur die Heimat Schweden diente der Inspiration, auch Paris und New York wurden angesteuert. Und wer ein Schelm ist, hört die Einflüsse gar heraus – den unterkühlten Charme Skandinaviens, die Stadt der Liebe in den ruhigen Passagen und letztlich das Partygefühl der inoffiziellen amerikanischen Hauptstadt.
„Das ist gar nicht schlecht verglichen“, antwortet Bjorn „ich kann da durchaus zustimmen, denn wer einmal die Unterschiede zwischen den einzelnen Städten bemerkt hat, lässt sich davon auch musikalisch inspirieren. Keine Ahnung wo genau welche Metropole ihren Spuren hinterlassen hat!“
Dies heraus zu finden, sei aber nicht ihre Aufgabe, bekräftigt die Band und gibt sich selbstsicher.
Was sie durchaus darf, denn mit „Living Thing“ veröffentlichen Peter, Bjorn And John ein Album, welches sich nicht anbiedert und obwohl es anfänglich verschachtelt klingt, birgt es genau das Hit-Potenzial in sich birgt, was viele im Vorfeld erwartet haben.
Sie machen es mal wieder allen Recht, diese Schweden!
Aktuelles Album: Living Thing (Wichita / Coop / Universal) VÖ: 27.03.