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CULK

Die authentische Generation

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Offenbar hat die österreichische Band Culk mit ihrem Mix aus Shoegaze-, Postpunk- und Noir-Dreampop-Sounds und inzwischen ausschließlich deutschsprachigen, von einer dystopischen Poesie getragenen, politisch akzentuierten Lyrics den Nerv der Zeit getroffen. Bzw. den Nerv der Generation, der die jungen Musiker selbst angehören. Kein Wunder also, dass das Quartett auf dem nunmehr vorliegenden, dritten Album die besagte „Generation Maximum“ im Titel als allumfassendes Gefühlszenario direkt adressiert. Wenn möglich ist das Werk dabei sogar noch eine Spur politischer ausgefallen, als das zweite Album „Zerstreuen über aus“ - jedenfalls liefern Front-Dichterin Sophie Löw und ihre Mannen hier so etwas wie eine Bestandsaufnahme der letzten 23 Jahre.

Das neue Album wurde mit dem Produzenten Wolfgang Lehmann eingespielt – das Sounddesign stammt hingegen von der Band selbst. Worum ging es auf der musikalischen Seite bei der Studioproduktion?

„Also bisher hatten wir vielleicht einen bestimmten Sound im Kopf, wenn wir die Alben aufgenommen haben“, berichtet Johannes Blindhofer, der Gitarrist des Ensembles, „aber durch das viele Live-Spielen war das jetzt nicht mehr so. Wir wollten nun einfach abbilden, was gefühlsmäßig mit uns auch live passiert. Diese Wirkung wollten wir jetzt verstärkt erzielen und betonen. Also beispielsweise dass die härteren Teile auch hart klingen oder wenn etwas tragend oder ruhig ist, dass das mehr zur Wirkung kommt. Die Spitzen sollten mehr betont werden."

In der Tat scheint es auf „Generation Maximum“ mehr Raum und Dynamik zu geben. Als Sophie die Interviews für ihr Solo-Projekt Sophia Blenda gab, sagte sie, dass es ihr manchmal schwer falle, gegen Rockmusik anzusingen. Wie wird das denn im Studio technisch gelöst? Denn gerade bei den neuen Aufnahmen fällt auf, dass Sophie's Vocals trotz großer Dynamikwerte und eines fülligeren Klangbildes glasklar im Raum stehen?

„Wir arbeiten zuerst die Instrumentalisierung aus“, erklärt Sophie, „dann singe ich eine Guide-Vocal-Spur ein und dann nehmen wir die Instrumente auf. Erst am Ende, wenn das steht, dann singe ich die Vokals komplett ein. Das haben wir bei den ersten beiden Alben auch schon gemacht.“ „Wir können uns dann beim Spielen schon am Gesang orientieren“, ergänzt Johannes, „denn der Gesang ist bei den Aufnahmen schon immer dabei."

Hat dann vielleicht das, was Sophie mit dem Sophie Blenda Projekt gesanglich und musikalisch probierte, nun wieder Auswirkung auf ihre Arbeit mit Culk? „Wenig“, zögert Sophie, „es gibt zwei Lieder auf der Scheibe wo ich auch Klavier gespielt habe aber ich möchte die beiden Sachen schon voneinander getrennt halten. Es wird bestimmt auch wieder eine Sophie Blenda Scheibe geben.“

„Also jetzt wo ich drüber nachdenke, denke ich doch, dass sich das ausgewirkt hat“, wirft Johannes ein, „es haben sich da wohl songwriting-technisch Sachen eingeschlichen. Und auch dieser neue Aspekt, dass die Songs auch reduzierter funktionieren könnten. Wenn man also alles wegnähme, was unseren Band-Sound ausmacht, ist der Song mit seiner Aussage dennoch unverkennbar."

Gibt es denn etwas, wonach die Band Culk sucht, wenn es darum geht, einen Song zu schreiben?

„Ich finde, ein Song muss die Geschichte, die man erzählen möchte – also den Text – unterstützen“, meint Sophie, „man sollte das Gefühl vom Text auch ohne diesen zu verstehen verspüren.“ Gibt es dabei dann ein Rezept, Text und Musik in dieser Hinsicht zu verbinden? „Ja – das kommt aber darauf an, wie Du den Song im Proberaum schreibst“, führt Johannes aus, „das Rezept ist wahrscheinlich, dass beides gleichzeitig entsteht. Beziehungsweise wenn Sophie schon bestimmte Textzeilen im Kopf hat, wenn die Musik entsteht. Da ist oft sehr homogen."

Das neue Album ist ja so gesehen noch politischer als das letzte. Welchen Anspruch erheben Culk denn auf das Vermitteln von Inhalten?

„Also wir erheben jetzt nicht den Anspruch, dass wir das zu den Leuten hinaustragen wollen“, erklärt Johannes, „wenn wir etwas machen, dann ist es uns wichtig, dass wir zu gewissen Themen Aussagen treffen und dass es überhaupt Aussagen gibt.“

„Und dass es zu 100 Prozent authentisch ist“, ergänzt Sophie, „ich finde, dass das durch den Albumtitel schon sehr pointiert ist. Der Titel weist darauf hin, was wir mit dem ganzen Album sagen wollen und das finde ich schon ganz cool, dass es sehr direkt ist. Es geht dann dabei mehr um das Aufzeigen von Zuständen und weniger um eine Kritik an unserer Generation. Es geht darum, dass die 'über uns' uns zuhören und etwas ändern sollen – was Politik betrifft und was Klima-Fragen betrifft.“ „Ja, ich finde zudem, dass uns das Album so abbildet, wie wir sind“, fügt Johannes hinzu, „und das fühlt sich für mich auch schon sehr authentisch an."

Gibt es für die Zukunft dann vielleicht irgendwelche Ziele, die Culk als Band bislang noch nicht erreichbar erschienen?

„Ja – so eine Sache mit einem Orchester-Arrangement auf der musikalischen Ebene, das wäre schon was“, meint Sophie. „Ja – und von der Musik leben zu können, wäre auch ganz gut“, erklärt Johannes.

Nun: Dabei können wir ja alle helfen, wenn wir Culk auf der großen Tour im nächsten Jahr besuchen ...

Aktuelles Album: Generation Maximum (Siluh Records) Vö: 17.11.


Weitere Infos: https://culk1000.bandcamp.com/ Foto: Sophie Loew

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