Unter dem Projektnamen Kraków Loves Adana ist Deniz Çiçek seit nunmehr auch schon wieder 16 Jahren aktiv. Heutzutage agiert die Wahlhamburgerin musikalisch alleinverantwortlich aus ihrem heimischen Studio, während ihr Partner Robert Heitmann nur noch bei Live-Auftritten unter die Arme greift – und sich ansonsten um die administrativen Aspekte des Projektes Kraków Loves Adana kümmert. So ist auch Deniz' inzwischen siebtes Album „Oceanflower“ (was übrigens eine Übersetzung ihres eigenen Namens ins Englische ist) wieder nahezu im Alleingang entstanden. Nachdem sich die Musik von Kraków Loves Adana mit den letzten Alben zu einem reinen E-Pop-Projekt entwickelt zu haben schien, geht es auf dem neuen Album mit Gitarre und Dreampop-Flair sozusagen zurück zur Basis.
Obwohl sie sagt, dass sie ihre eremitische Arbeitsweise in der Pandemie eigentlich gar nicht hätte ändern müssen, hatte Deniz dennoch mehr Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen und zu reflektieren. Es steht also zu vermuten, dass sich deswegen das neue Album „Oceanflower“ stärker auf Deniz selbst bezieht, als die letzten Werke.„Ja“, bestätigt sie diese Annahme, „das ist gut möglich, denn das war ja etwas was mit der Beginn der Pandemie Anfang 2020 entstanden ist und sich bis Ende vorletzten Jahres angestaut hat. Da habe ich schon gemerkt, dass ich da mehr Zeit mit Reflektieren verbracht habe. Dabei sind mir viele Dinge aus der Zeit, wie ich als Jugendliche oder als Kind noch mit meiner Familie gelebt habe und die mich geprägt haben, klar geworden. Sie haben mich aber ja auch belastet und insofern habe ich in der Zeit dann auch eine Therapie begonnen, um meine Kindheit zu bewältigen. Ich hatte nämlich immer ein schwieriges Verhältnis zu meinen Eltern. Das war aber auch gut so und im Nachhinein hat sich das für mich auch als Chance dargestellt. Ich habe mir dann gesagt, dass ich die Dinge jetzt mal in die Hand nehmen wollte. Ich konzentrierte mich also mehr auf mich selbst und fand so auch wieder mehr zu mir selbst als Mensch. Man stellt sich dann ja die Frage: 'Wer bin ich eigentlich?' und sucht nach einem Sinn. Die Antwort auf die ich selbst dabei gekommen bin ist, dass für mich der Sinn des Lebens einfach darin besteht, zu leben."
Und wer ist Deniz demzufolge?
„Wer ich bin?“ fragt sie, „ich würde sagen, dass ich heutzutage viel mehr so bin, wie ich als 6-jährige war – als etwa 16 oder 26-jährige."
Das ist witzig, weil Kraków Loves Adana zu Beginn ihrer Karriere ein Mal ein Interview gegeben habe, in dem Deniz damals bereits sagte, dass sie sich als Kind immer gewünscht habe, erwachsen zu sein und als sie dann erwachsen gewesen sei, sich danach sehnte, wieder ein Kind sein zu können. Insofern hat sie eigentlich ihr Lebensziel dann ja auch bereits erreicht
Gab es einen musikalischen Masterplan für das neue Album und ist das vielleicht sogar eine Art Back to the Roots-Projekt für Deniz?
„Ja beides eigentlich“, gibt sie zu, „weil ich so viele Alben schon geschrieben und produziert habe, und mir dabei alles selber angeeignet hatte, konnte ich jetzt endlich mal die Musik wirklich so machen, wie ich sie damals zwar machen wollte - aber nicht konnte, weil ich die Fähigkeiten einfach nicht dazu hatte. Und des weiteren gab es dabei auch einige Bands aus den 80ern und 90ern, die mich sehr beeinflusst haben – wie zum Beispiel das 'Disintegration'-Album von The Cure oder das erste My Bloody Valentine-Album zum Beispiel. Ich denke, das spiegelt sich auch in der Musik wider."
Zeitweise hatte Deniz mit dem Gedanken gespielt, die Musik ganz aufzugeben – sich dann aber doch dazu entschlossen, weiterzumachen.
„Ja, und zwar aus folgendem Grund“, verrät Deniz, „wenn ich nämlich in Ruhephasen mal keine Musik mache, dann ist es wirklich so, dass ich nachts davon träume, Musik zu schreiben – und dann merke ich, dass ich wieder etwas tun möchte. Das ist dann natürlich etwas, was ich zunächst für mich mache. Dass es dabei Menschen gibt, die meine Musik mögen, ist dann natürlich auch sehr schön."
Viele Musiker machen ihre Musik ja auch, um mit den anderen Menschen in Kontakt zu treten. „Das ist bei mir auf jeden Fall auch so“, bestätigt Deniz, „natürlich habe ich durch meinen Beruf als Zahnärztin Kontakt mit Menschen - aber ich gehe ja normalerweise nicht auf sie zu. Da bin ich einfach nicht der Typ für. Für mich ist es deswegen wichtig, mit meiner Musik Interaktion emotional mit den Hörern zu haben."
Gibt es denn nun auch wieder Pläne oder Visionen für die Zukunft?
„Auf jeden Fall“, bestätigt sie, „ich würde zum Beispiel gerne mal einen Film- oder Serienscore schreiben. Ich mag sehr die Arbeiten von Cristobal Tapia de Veer, der gerade den Soundtrack für die Serie 'The White Lotus' gemacht hat. So etwas in der Art fände ich sehr spannend. Und ich würde gerne mal ein Album von jemand anderem produzieren."
Aktuelles Album: Oceanflower (eigener Release) VÖ: 17.02.
Weitere Infos: https://krakowlovesadana.bandcamp.com/album/oceanflower