Mit ihrer umwerfenden neuen LP ´A Coliseum Complex Museum´ ist The Besnard Lakes ein großer Wurf gelungen. Auf seinem fünften Album verdichtet das Indierock-Quintett aus Montreal seinen zuletzt betont ausufernden Sound wieder stärker und erinnert damit eher an sein 2007 entstandenes Breakthrough-Album ´The Besnard Lakes And The Dark Horse´ als an das überbordende letzte Werk ´Until In Excess, Imperceptible UFO´ aus dem Jahre 2012.
Rees-Haldern, Ende November: The Besnard Lakes stehen auf der winzigen Bühne der Haldern Pop Bar – und das Publikum mit offenem Mund davor. Mit ohrenbetäubender Lautstärke und voller Inbrunst werfen sich die Kanadier in ihre Songs zwischen psychedelisch umspültem Breitwand-Space-Rock und ohrwurmigen Brill-Building-Pop-Melodien, hantieren mit abgefahrenen Sounds aus Omnichord und Sampler, offenbaren ein Faible für Spaghetti-Western-Klänge, entzücken mit himmlischem Harmoniegesang oder A-cappella-Parts, bei denen selbst die Beach Boys feuchte Augen bekommen hätten, und begeistern vor allem mit einem: der puren Freude am eigenen Tun, die dem Bandgründer-Ehepaar Jace Lasek und Olga Goreas und ihren Mitstreitern Kevin Laing, Robbie MacArthur und Sheenah Ko förmlich ins Gesicht geschrieben steht.Spaß haben die Bezzies aber nicht nur auf der Bühne. Auch beim Westzeit-Interview vor der Show wird viel gelacht, und schon die Sessions zu ihrem neuen Album waren für sie die helle Freude. Grund dafür war nicht zuletzt, dass die Band im Vorfeld ihre Herangehensweise verändert hatte.
„Wir haben in der Vergangenheit immer darauf vertraut, dass uns die Lieder zufliegen, sobald wir im Studio sind, aber bei der letzten Platte gab es Momente, als alles für die Aufnahmen bereit war und wir drei, vier Tage vergeudet haben, weil wir einfach keine Songs hatten“, gesteht Jace. „Das hat uns wirklich gestresst, und da ist uns klar geworden, warum die meisten Künstler anders arbeiten.“
Dass sich die Bezzies mit ihrer Herangehensweise selbst das Leben schwer machten, wusste Jace allerdings schon länger.
„Ich produziere ja auch andere Bands, und wenn die mit fertig ausgearbeitetem Material ins Studio kamen, hatten sie natürlich viel mehr Zeit, sich um die Feinheiten zu kümmern“, erinnert er sich. In gewisser Weise erklärten also seine Schützlinge ihm als Produzenten, wie man eine Platte richtig angeht.
Deshalb arbeiteten Olga und Jace dieses Mal schon vor dem Studiotermin daheim in Montreal und in ihrem Wohnwagen am namensgebenden Besnard Lake die neuen Ideen aus und nahmen sich und ihren Bandkollegen so bei den Aufnahmen eine Menge Druck. Um sich nicht zu wiederholen, legte sich Jace vor den Sessions auch wieder neues Equipment zu.
„Ein Freund hat mal gesagt: ´In jeder neuen Gitarre, die du kaufst, steckt ein neuer Song´“, erklärt er den Grund dafür. „Wenn du ein neues Instrument in die Hand nimmst, das du noch nicht richtig kennst, machst du unweigerlich Fehler, und in diesen Fehlern stecken Ideen für neue Songs. Das sind meine schönsten Erinnerungen an die Studioarbeit: wenn wir Fehler machen und sich daraus am Ende ein ganz neuer Part für ein Lied entwickelt. Ohne neue Instrumente und Geräte würden all unsere Platten gleich klingen, und das will ich nicht. Ich will, dass sich unser Sound weiterentwickelt. Wenn du dir neue Sachen zulegst, mit denen du herumspielen kannst, lockt dich das zwangsläufig aus deiner Wohlfühlzone.“
Herausgekommen ist dabei ein etwas anderes Bezzies-Album, das den Hörer mit seiner Präzision und Leichtigkeit einfängt, anstatt ihn mit einer großen Soundlawine einfach zu überrollen. Treffenderweise ist die Platte bereits als Mischung aus My Bloody Valentine und Fleetwood Mac beschrieben worden, wenngleich die Lichtgestalten des 70s-Pop mehr visuelle denn musikalische Inspiration waren. Für ein aktuelles Promofoto stellten die Bezzies sogar ein altes Fleetwod-Mac-Foto nach.
„Wir dachten uns, dass die Leute diese Assoziation eh haben würden, deshalb haben wir uns einen Spaß daraus gemacht, so nach dem Motto: Lasst uns gar nicht erst um den heißen Brei herumreden“, erklärt Jace lachend. Schließlich hatten die Kanadier noch nie Probleme damit, zu ihren Idolen und zu ihrem breit gefächerten Musikgeschmack zu stehen, denn wie Olga richtig sagt: „Ein guter Song ist einfach ein guter Song.“
Aktuelles Album: A Coliseum Complex Museum (Jagjaguwar / Cargo)
Weitere Infos: www.thebesnardlakes.com Foto: Brendan George Ko