Was zu beweisen wäre. Purity Ring haben 2012 geschafft, wovon viele Newcomer nur träumen: Ein Debüt zu veröffentlichen, das sie einerseits zu Kritikerlieblingen über den ganzen Erdball hinweg werden ließ und auf der anderen Seite die Aufmerksamkeit renommierter Musikerkollegen erregte. So folgte 2013 ein Remix für niemand Geringeres als Lady Gaga höchstpersönlich und tatsächlich klang ihre Single ´Applause´ in der abgeänderten Version besser als das Original. Nun heißt es für Soundtüftler Corin Roddick und Sängerin Megan James, volle Konzentration auf das zweite Album ´Another Eternity´ und nur nicht die Nerven verlieren. Gründe dafür gebe es nämlich schon.
In Zeiten von Social Media und direkter Fankommunikation war das Auftreten des kanadischen Duos Purity Ring 2012 ein konsequent anderes: Im Gegensatz zu den üblichen Neulingen im Business vermieden die zwei das zur Schaustellen ihrer Selbst. Viele wussten somit erst, wie diese Formation überhaupt aussieht, als sie direkt vor ihnen auf der Bühne stand.„Da steckte aber kein ausgeklügelter Marketingplan von Megan und mir dahinter – Richtung: Lass es uns mal ganz anders machen als der Rest! Vielmehr war es unser Anliegen, sich auf die Musik zu konzentrieren. Mir erschien das wichtiger als jeden unserer Schritte öffentlich zu machen.“
Erklärt Corin Roddick, der vom Look her aussieht, als würde er gewissenhaft die Finanzen im Hause Purity Ring prüfen, anstatt der musikalische Chef hinter dem düsteren, vielschichtigen Klangkonstrukt zu sein. Seine Kollegin Megan James hingegen erfüllt die Vorstellungen, die man sich im Vorfeld machte, schon mehr:
„Ich bin eben die Sängerin und selbst wenn wir beide alles zusammenmachen, schauen die Leute stets auf mich. Deswegen kommt mir öfter der Gedanke, passt dieses oder jenes Kleidungsstück wirklich zu mir. Corin dagegen ist als Typ in der besseren Position.“
Beides richtig und doch gibt es noch einen dritten, nicht zu unterschätzenden Aspekt in dieser Gleichung: Purity Ring überzeugten 2012 nicht nur mit ihrem Debüt ´Shrines´, sondern ebenso mit vielen Remix-Aufträgen, die soweit gingen, dass irgendwann sogar die Plattenfirma von Lady Gaga anrief.
Roddick erinnert sich: „Unsere Vorlieben für Genres hören beim elektronischen nicht auf – ganz im Gegenteil. Megan und ich haben eine Vorliebe für Rap, R’n’B und natürlich Pop-Musik, wenn sie gut gemacht ist. Insofern freut es mich, dass man diese Einflüsse heraushört und eine Künstlerin wie Lady Gaga bei uns anfragt.“
Schließlich lernt man dadurch auch, was beim nächsten Album besser gemacht werden könne, ergänzt James und hält ein kleines Plädoyer für Lady Gaga – „sie hat sich eine eigene Welt aufgebaut, in der sie als Musikerin funktioniert. Wer sie privat ist, weiß niemand und darum geht es doch in der Musik: Sich einer schönen Illusion hinzugeben.“
Trotzdem sind Purity Ring realistisch genug, zu wissen, dass das neue, zweite Album nicht automatisch ein Selbstläufer wird – nur weil es mit dem Erfolg in den letzten Jahren so gut funktionierte. Immerhin sind die neuen Tracks in gewisser Weise auch eine Herausforderung an den Hörer:
„Wir haben deutlich mehr Licht an die Sachen gelassen und wahrscheinlich bedarf es dieses Mal nicht so viel Zeit wie beim Debüt, sich auf ‚Another Eternity’ einzulassen. Deswegen glaube ich ganz ehrlich, dass es für viele wie ein zweites Erstlingswerk klingen wird. Mit dem es klar zu kommen gilt.“
Es zu mögen fällt allerdings nicht schwer, denn ´Another Eternity´ ist in der Tat heller im Sound, hat mehr Pop-Elemente im elektronischen Gewand und die Düsternis der Texte vom ´Shrines´ wurde zugunsten von mehr Hoffnung und Zuversicht eingetauscht.
Positiv denken heißt es für Purity Ring dieser Tage generell, denn die vielen Fürsprecher werden sicher kritischer hinhören und das kann eine Band durchaus nervös machen – oder etwa nicht?
„Die Platte ist fertig, wir können nichts mehr daran ändern und würden auch nichts ändern wollen. Jedes Album ist ein Dokument seiner Zeit und als solches sehen wir ‚Another Eternity’. Mehr will ich dazu gar nicht sagen.“
Warum auch, die Musik spricht für sich.
Aktuelles Album: Another Eternity (4AD / Beggars Group / Indigo)
Foto: Renata Rashka