Wahrscheinlich hatte Winston Yellen den Traum vom Musikerleben längst abgeschrieben. Alle Anzeichen sprachen gegen ihn: An der Uni rausgeschmissen, schaffte er tagsüber das Geld mit dem Reinigen von Hotelpools in der Nachbarschaft ran und fand nur abends ein paar Stunden Zeit, um die Gitarre in die Hand zu nehmen und an eigenen Songskizzen zu arbeiten. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet, der Aufwand sich gelohnt und sein Projekt Night Beds schaffte den Sprung von Nashville/Tennessee in die große weite Welt: ´Country Sleep´ heißt das Debüt, präsentiert sich im zarten Akustik und ist der Soundtrack einer langen Reise ins Ich.
Müde schaut er aus. Ein wenig verschlafen schweift sein Blick aus dem Fenster des Hotelzimmers, welches nahe der Berliner Mauer ein wundervolles Panorama preisgibt: „Als ich gestern hier ankam, lag noch nirgends Schnee. Jetzt ist alles voll davon und verschafft mir Heimweh nach Colorado, zu meiner Familie. Dort muss es genauso aussehen.“Winston Yellen, inzwischen wohnhaft in Nashville/Tennessee, vermisst in solchen Momenten das besorgte Umfeld, in dem er aufwuchs. Sein Vater habe ihn früh zum Songschreiben animiert und die erste Gitarre gleich mitgeschenkt. Zum Protest der Mutter zwar, die den Sohnemann lieber studieren sehen wollte, aber das interessierte diesen damals kaum.
„Meine ersten Demos sind mir inzwischen allerdings unangenehmer als der Kampf mit meiner Mom. Wenn du ein Teenie bist, hast du keine weltumspannenden Gedanken, da dreht sich alles ums Verliebt-sein oder Nicht-Verliebt-sein. Meine Güte, dass ich die Sachen an Labels verschickt habe, ist mir wirklich peinlich.“
Was ihm allerdings nicht peinlich sein sollte, ist das dieser Tage erscheinende Debüt seines Projekt Night Beds. ´Country Sleep´ betitelt, schleppte Yellen die Songs eine halbe Ewigkeiten mit sich herum und tourte so lange, bis ein Plattendeal zustande kam.
Im Studio angekommen, merkte der Newcomer jedoch schnell, dass die Songs zwar allesamt zu ihm passen, jedoch so persönlich ausfallen, dass er in Zweifel geriet, ob es richtig sei, sie einem großen Publikum zugänglich zu machen:
„Was passiert zum Beispiel, wenn meine Ex sie hört? Solche Sachen gingen mir als absoluter Neuling durch den Kopf und zugleich wusste ich ziemlich genau, dass es keinen anderen Weg gibt, als diese Risiken einzugehen.“
Auf ´Country Sleep´ berichtet Winston Yellen u.a. davon, wie es ihm erging, als er erfolglos die Uni-Karriere aufgeben musste und passenderweise zeitgleich von der eigenen Freundin vor die Tür gesetzt wurde.
Für viele ein Grund vollkommen abzutauchen, erfuhr der Night Beds-Chef einen ungeahnten Kreativitätsschub und war von der Gitarre nicht mehr zu trennen. Eins kam zum anderen, aus Freunden wurden Fans und die erhoffte Karriere kam langsam ins Rollen.
An einen der ersten Auftritte erinnert er sich heute noch:
„Ich war nicht unvorbereitet, aber auf ein längeres Konzert kaum eingestellt. Mehr als Gitarre und Mikro standen mir nicht zur Verfügung und nur fünf Songs gab die Setlist für mich her. Nach fünfzehn Minuten wollten die Leute allerdings mehr von mir hören und ich musste einige Songs doppelt spielen, Coverversionen einbauen.“
Das habe ihm gezeigt, dass aus dem ehemaligen Hobby vielleicht doch noch ein Broterwerb werden könnte.
Für seine Band Night Beds hofft er nun, dass der zerbrechliche Akustikpop zwischen Red House Painters und hoffnungsvolleren Gitarrenlicks a la Gram Parsons bei der breiten Masse Gefallen findet – ansonsten heißt es zurück an die Pools der Nachbarschaft.
„Kein Problem“, meint Yellen überraschend ernst, „dann habe ich es wenigstens versucht und eingesehen, dass es nicht funktioniert.“
Bescheidenheit ist eine Tugend und doch sieht man ihm an, dass er keinen Plan B mehr verwirklichen will. Der Road-Movie namens Night Beds darf niemals enden.
Aktuelles Album: Country Sleep (Dead Oceans / Cargo)
Foto: Jarrod Renaud