Der Name Sara Watkins ist hierzulande gar nicht mal so bekannt wie er eigentlich sein könnte. Das liegt daran, dass Sara, zusammen mit ihrem Bruder Sean und als ein Drittel des aus dem Bluegrass-Umfeld entstammenden Trios Nickelback in den USA schon immer sehr erfolgreich war. Und erfolgreiche Acts aus dem Americana-Genre müssen sich nicht unbedingt bemühen, ihr Auskommen mit Touren in Europa aufzubessern. Das verleitete die Plattenfirma wohl zu der irrigen Annahme, dass sich dann wohl deren Scheiben auch hier von selbst verkaufen würden, so dass es z.B. keinerlei Promotion für Saras erstes Album gab - das immerhin von Led Zeppelin Bassist John Paul Jones produziert wurde. Ergo fanden dieses Album nur eingefleischte Szene-Kenner, die danach suchten.
Das neue Album ´Sun Midnight Sun´ spielte Sara nun in Eigenregie ein – unterstützt von ihrem Bruder und Blake Mills, einem jungen Musiker aus dem Umfeld der befreundeten Band Dawes/Simon Dawes. Was war das Haupt-Augenmerk auf der neuen Scheibe?„Bei dem ersten Album musste ich ja erst mal eine musikalische Basis für mich selbst etablieren. Auf diesem Album konnte ich nach vorne schauen und Dinge ausprobieren. Das neue Album zeigt auch mich, wie ich heute bin und braucht nicht mehr zu zeigen, wo ich musikalisch herkomme.“
Wie arbeitete Sara dabei mit ihren Musikern im Studio zusammen? Es waren ja dieses Mal keine Live-Aufnahmen.
„Wir haben uns erst mal im Kreis zusammengesetzt und die Stücke analysiert“, führt Sara aus, „wir haben sie in ihre Bestandteile zerlegt und neu zusammengesetzt. Wir haben uns Gitarrenparts überlegt, um die herum dann der Rest aufgebaut wurde und auf diese Weise haben wir dann die Songs für uns entdeckt.“
Sara entstammt ja aus einem Umfeld, in dem Perfektion alles bedeutet. Auch wenn sie als Musikerin für andere spielt (wie z.B. zuletzt bei den Decemberists) geht es ja um ein nahtloses Miteinander. Wie offen ist so jemand dann noch für Zufälle?
„Die sind sogar recht wichtig für mich“, meint Sara, „das ist auch der Grund, warum ich einen Produzenten wollte: Weil ich diese Songs zu einem Punkt geführt hatte, an dem ich selbst begann, mich zu langweilen. Ich wollte also eine Meinung von außen, weil ich mit meinen Ideen in einer Sackgasse gelandet war. Mir ging es darum zu sehen, wie andere einen Song interpretieren und was man daraus lernen kann. Solche Kollaborationen machen wirklich Spaß und sind spannend.“
Produziert wurde das Album von Blake Mills – obwohl er diesbezüglich vorher noch nie in Erscheinung getreten war.
„Nein, das war eher eine Entscheidung aus dem Bauch heraus“, bestätigt Sara das, „Blake ist ja noch sehr jung. Er hat ein eigenes Album namens ‚Break Mirrors’ veröffentlicht und er hat auf zig Scheiben mitgespielt und inoffiziell auch produziert – das ist aber sein erster Credit als Produzent und ich bin froh darüber, diesen Schritt getan zu haben.“
Wie findet Sara eigentlich ihre musikalischen Partner und Gäste? Auf dem neuen Album singt z.B. Fiona Apple mit.
„Mein Bruder und ich haben diese regelmäßige Veranstaltung namens ‚The Watkins Family Hour’ in dem kleinen Club Largo in L.A. Dort kommen wir ein Mal im Monat zusammen um mit anderen Musikern zu spielen, zu jammen und Dinge auszuprobieren.“
Dort kamen auch die Kontakte zu John Paul Jones und Blake Mills zustande. Und wenn Sara mal nicht in eigenem Namen unterwegs ist, zieht sie mit der Roadshow ´The Prarie Home Companion´ durch die USA (zur Zeit mit Emmylou Harris) oder gastiert bei Kris Kristofferson, Richard Thompson, Ben Lee oder Ray La Montagne. Dabei ist sie – als Mensch und als Musikerin – keineswegs abgehoben.
„Ich mag es die Dinge zu nehmen, wie sie kommen“, meint sie etwa auf ihre persönlichen Ziele angesprochen, „und bin dankbar, wenn sich Gelegenheiten für Kollaborationen und Experimente ergeben.“
Aktuelles Album: Sun Midnight Sun (Warner)
Foto: Aaron Redfield