Kaum ist die neue CD von The Futureheads mit dem eher abschreckenden Titel „The Chaos“ im Schacht des CD-Spielers verschwunden wird es nun so gar nicht chaotisch. Es erklingt reduzierter, absolut geradeaus gespielter Rock mit leicht verdeckter Punkattitüde. „ Es sollte alles wieder einfacher klingen“, führt Sänger und Gitarrist Ross Millard in die neue Band-Vision von Rock’n’Roll ein, „klar und deutlich sollten die Stücke sein und voll auf die Zwölf. Dabei die Melodie aber nicht auf den Opfertisch landen. Der Plattentitel drückt also exakt das Gegenteil dessen aus, was auf der CD zu hören ist.“
Selbstbestimmt arbeitenUm all dies ohne Abstriche zu erreichen, haben sich The Futureheads in ihre Heimatstadt Sunderland zurückgezogen, sich mehr Zeit gelassen als bei den Vorgängeralben und die gesamte Produktion eigenhändig kontrolliert. Letzteres wurde sicherlich auch dadurch beschleunigt, dass die Plattenfirma den Vertrag mit The Futureheads nicht verlängerte.
„Durch die Gründung unseres eigenen Labels und die Arbeit in unserem eigenen Studio ist unglaublich viel positive Stimmung aufgekommen“, lacht Ross Millard, „wir haben uns die Aufbruchsstimmung zurückgeholt. Es war fast so, wie vor unserem allerersten Album und das ist ja nun auch schon zehn Jahre her. Aber ist es nicht der Traum eines jeden Musikers, selbstbestimmt zu arbeiten?“
Das ist nicht von der Hand zuweisen, funktioniert aber nur, wenn neben der Selbstbestimmung auch die Faktoren Selbstdisziplin Selbstmotivation dazu kommen.
„Das war nicht immer einfach, wir hatten zwar schnell gutes Material, aber das Album ‚Chaos’ wurde schrittweise aufgenommen“, rekapituliert er, „zunächst gab es Studiosessions in Sunderland, dann zwei in London und ganz zum Schluss ein weitere in Newcastle.“
Kreative Kommunikation auf neue
Füße gestellt
Die bandinterne kreative Kommunikation wird dazu auf neue Füße gestellt.
„Wir sind diesmal demokratischer mit den Ideen der einzelnen Mitglieder umgegangen“, erklärt Ross Millard die kompositorische Arbeit, „wiederum kommt hier eine andere einfache Weisheit zum Tragen, wenn alle im Innenverhältnis zufrieden sind, ist die Schlagkraft nach außen um ein Vielfaches größer. Ganz wichtig aber war auch, dass wir recht schnell 17 Stücke zusammen hatten und so dass Album als Ganzes denken konnten. Da kommt dann noch mal ein ganz anderer Spannungsbogen zum Tragen, als wenn du von Stück zu Stück denken musst.“
Die Jungs von The Futureheads sind auch ganz sicher, dass es ausschließlich einen einzigen Grund geben kann, ein Album zu machen, nämlich, dass die Band künstlerisch immer noch etwas zu sagen hat.
„Es kann kein Grund sein, deshalb weiterhin Musik zu machen, weil du es in der auch Vergangenheit gemacht hast“, wird Ross Millard philosophisch, „für ‚Chaos’ gab es ein klares Konzept für ein mächtiges und energetisches Album. Eins, das nicht Entferntesten mürrisch, meckernd oder leidend daherkommt.“
Einfach, schlagkräftig und überzeugend auf ganzer Linie
Auf diese Art und Weise haben The Futurheads eine Platte hinbekommen, die ihre schlagkräftige Einfachheit dadurch erreicht, dass die Stücke es schaffen, bombastisch, aggressiv und kontemplativ gleichzeitig zu sein.
„Diese Fähigkeit so zu sein oder zu wirken hat die Musik“, plaudert Ross Millard locker vom Hocker, „und zwar einfach so, durch das, was an dein Ohr dringt und dich erregt, aber auch aufbaut. Das Erbauliche kommt auf ‚Chaos’ vielleicht ein wenig direkter und klarer rüber. Aber das war die Absicht.“
Beispielhaft dafür steht die aktuelle Single „The Heartbeat Song“, er ist einerseits bewegend, aufbauend und trägt ein schickes Power-Pop-Kleid. Der ausgehenden 70er-Jahre. Eine Inspiration durch Kompositionen von The Cars oder The Psychedelic Furs verleugnet Ross Millard keineswegs. Er grinst nur und weiß, das vorgelegte Album grandios überzeugend. So sagen würde er das nie.
Aktuelles Album: The Chaos (Nul Records / Rough Trade)