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AMANDA ROGERS

Des Baumes Kern

AMANDA ROGERS

Was das Image betrifft, so konnte man Amanda Rogers bislang immer in die Schublade „klavierspielende, schüchterne Solo Performerin“ stecken. Nun setzt sie sich bei ihren Live-Shows nach wie vor öfters alleine ans Klavier – ansonsten hat sich aber praktisch alles geändert. Ihr neues Album, „Heartwood“ spielte sie zusammen mit einer Band ein und bei ihren Live Auftritten lässt sie sich von den Sketchy Indians begleiten.

Die neuen Songs gehören dann auch eher in die Kategorie „lebensbejahende Pop-Songs“ und haben ohrenscheinlich nur noch wenig mit den düster dräuenden, melancholischen Depri-Balladen der Vergangenheit zu tun. Kurz gefragt: Was ist denn da passiert?

„Nun, ich habe eine für mich sehr schwere Phase durchlebt“, erzählt Amanda, „ich war in den USA für zweieinhalb Jahre mit einer Band auf Tour und hatte währenddessen nur sehr wenig Zeit für mich selbst, weil wir on the road lebten – was doch sehr anstrengend ist – sowohl mental, wie auch physisch. Die Band ging dann in die Brüche und ich musste neue Musiker finden. Und dann gab es noch rechtliche Probleme mit meinen neuen Songs.“

Haben diese neuen Songs mit dieser Phase zu tun?

„Ja, bis auf 'Hibernating' – was zweifelsohne der fröhlichste Song ist, den ich bisher geschrieben habe, entstanden alle Stücke in dieser Phase.“

Wieso klingt dann ausgerechnet dieses neue Material so lebensbejahend und heiter – während Amandas bisherige Songs doch alle immer ein wenig schwermütig erschienen?

„Das liegt daran, dass ich dazu tendiere, fröhliche Songs zu schreiben, wenn ich mich schlecht fühle – vielleicht um mich selbst aufzumuntern“, schmunzelt sie, „wenn ich mich gut und glücklich fühle, schaue ich mir mein Inneres genauestens an und finde meistens düsteres Material. Das ist meine Art der Balance. Daran liegt es auch, dass meine neuen Stücke so sarkastisch erscheinen. Ich kann gar nicht glauben, wozu ich mich in den letzten drei Jahren alles habe hinreißen lassen und kann heutzutage gar nicht anders, als das im Nachhinein zu verlachen.“

Nicht das wir uns jetzt falsch verstehen: Die neuen Stücke gehören keinesfalls zum Genre der Kirmes-Musik, aber Tracks wie „Ghost Of You“ oder „Ella Faints“, in denen Amanda spielerisch mit der Sprache, der Betonung und dem Gesang hantiert – und das zu munterer Pop-Musik und durchaus selbstbewusst im Zentrum stehend – wären früher doch irgendwie undenkbar erschienen.

„Also weißt Du, das sind manchmal einfach Wortspiele“, lacht Amanda, „mir ist irgendwann diese Metapher über in Ohnmacht fallende Elephanten eingefallen. Daraus wurde dann 'Ella faints' und eine ganze Geschichte, die ich dazu schrieb. Ich denke, in dem Song geht es um Leute, die von den Umständen überwältigt werden und es nicht möchten, dass sie sich damit auseinandersetzen. Und was den Gesang betrifft, hast Du recht: Meine Stimme war früher immer irgendwo begraben. Mir wurde aber schnell klar, dass diese Scheibe danach verlangte, dass man die Texte gut verstehen kann. Das ist bei allen Scheiben aus den 60`s so und ich wollte, dass es hier genau so ist. So etwas mag ich nämlich. Meine erste Scheibe,'Places You Dwelt' hört sich dagegen heute für mich fast wie eine Instrumental-Scheibe an.“

Wie gesagt: Davon ist die neue Amanda heute meilenweit entfernt. „Heartwood“, so erklärt uns der bekennende Baum-Fan Amanda Rogers, ist das Kernholz eines Baumstammes. Und was Amanda betrifft, so hat sie mit „Heartwood“ definitiv zu ihrem eigentlichen Kern gefunden.

Aktuelles Album: Heartwood (Expect Candy / Cargo)



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