Wenn Andreas Dresen, Gerhard Gundermann und Alexander Scheer in einem Zusammenhang genannt werden, dann ist es an der Zeit die Ohren zu spitzen bzw. eine Kinokarte zu lösen. Sicherlich ist den wenigsten „Wessis“ der Liedermacher Gundermann ein Begriff, das ist aber auch nicht weiter verwunderlich, da kurz nach der Wende die Spitzeltätigkeit des „singenden Baggerfahrers“ bekannt wurde und anstehende Konzert- und Plattenangebote zurückgezogen wurden. Warum also einen Film über Gerhard Gundermann? Andreas Dresen hat seine Erfahrungen mit der DDR schon in mehreren Filmen (u.a. STILLES LAND und ALS WIR TRÄUMTEN) verarbeitet und zwar in der für ihn typischen reduzierten Farbpalette. Er ist und war nie ein Verfechter der sogenannten Ostalgie, der zuckergussreichen Überhöhung ostdeutscher ästhetischer Kitsches bei gleichzeitiger Verdrängung tiefgreifender Menschenrechtsverletzungen. Und das ist auch gut so. Ebenso gut ist sein Händchen bei der Protagonisten-Wahl. Mit Alexander Scheer hat er – neben der Besetzung seines Stammpersonals – alles richtig gemacht. Scheer wuchs selbst in der DDR auf, feierte mit SONNENALLEE (unter der Regie von Leander Haußmann, seines Mentors und Förderers) seinen Durchbruch und hatte während Frank Castorfs Intendanz in der Berliner Volksbühne einen Stammplatz inne. Unvergesslich bleiben auch seine diversen Haupt- und Nebenrollen in Film und Fernsehen. Bezeichnend, wenn auch aufgrund der Hülle an nennenswerten Alternativen stets unterschlagen, seine Rolle als schrulliger Comic-Verkäufer Lenny in BERLIN, BERLIN. Wenn jemand wie Scheer sich von einer real existierenden Sänger-Figur eines ihm zuvor unbekannten Liedermachers begeistern lässt, während er im Vorfeld als Blixa Bargeld (in PUNK) begeisterte, dann ist an Gundermann definitiv was dran. Gundermann hat neben seiner Tätigkeit als Baggerfahrer stets Musik gemacht und ist – als Autodidakt – ständig an seinen eigenen Ansprüchen gewachsen. Dies kann anhand der von Scheer für den Film neu eingesungenen Titel nachvollzogen werden. Nicht-nachvollziehbar scheint jedoch seine Naivität und Verdrängung im Umgang mit seiner Rolle als IM der Stasi, von der er in Folge auch selbst bespitzelt worden ist. Die gebrochene Figur des „Gundi“ wird von Scheer passgenau porträtiert und von Dresen in Szene gesetzt. Nicht verpassen. Sonst nichts.
DE 2018, Regie: Andreas DresenDarsteller: Alexander Scheer, Anna Unterberger, Alex Prahl u.a.
Kinostart: 23.08.2018
Weitere Infos: www.gundermann-derfilm.de