'Daddy issues' kennt wohl jeder, wenn nicht aus eigener Erfahrung, dann sicherlich als dramaturgische Zutat in zahlreichen medialen und literarischen Werken. In Marie Kreutzers bemerkenswertem Erstlingsfilm bekommt das Sujet aber eine ganz frische, überraschende Qualität. Hans (charismatisch verkörpert von Johannes Krisch), der Patriarch einer ehemaligen Hippiekommune, lädt seine vier Kinder Mediziner Niki (Philipp Hochmair), Idealist Vito (Andreas Kiendl), Nesthäckchen Mizzi (Emily Cox) und Überraschungstochter Kyra (Andrea Wenzel) ein sich an seinem Sterbebett von ihm zu verabschieden. Die letzten Jahre verbrachte er auf dem mittlerweile heruntergekommenen Anwesen mit seiner um einiges jüngeren Lebensgefährtin Anna (Marion Mitterhammer). Sein ältester Sohn Niki bekommt ihn zwar als einziger noch zu sprechen, wird jedoch vom Vater verhöhnt. Nachdem die allgemeine Niedergeschlagenheit über Hans Tod sich etwas gesetzt hat wird Kyra unter die Lupe genommen. Während Mizzi, der die Existenz der älteren Schwester verschwiegen wurde, entsetzt Antworten fordert, halten sich Anna und die zwei Söhne eher zurück. Durch weich-gezeichnete Rückblenden in Kaleidoskop-frohen Farben eröffnet sich dem Zuschauer die kleine verlogene Welt der 'Hippies mit Gemüsebeet' kurz vor ihrer Auflösung vor 23 Jahren. Dort werden die Kinder Zeugen eines ausufernden Streits über Vaterschaftstests und Besitzverhältnisse, die so gar nicht mit ihrer heilen 'Peace, Love and (Comm)unity'-Welt zu vereinbaren ist. Als Ergebnis wird die damals achtjährige Kyra kurz nach der Geburt von Mizzi, der gemeinsamen Tochter von Hans und Anna, mit ihrer Mutter abgeschoben. Während Kyra am liebsten der familiären Heuchelei entfliehen will, wird sie von ihrem Freund zum bleiben überredet. Dies ist ganz im Sinne von Niki, der froh ist seine Schwester wieder zu haben und von Vito, der vom Wiederbeleben der Kommune träumt. Mizzi hingegen beschäftigt neben einer chronischen neurophysischen Störung auch die Suche nach Indizien für die Geschehnisse von damals... DIE VATERLOSEN ist ein authentischer, kritischer und erfreulich diskurslastiger Film über Familie und Zugehörigkeit mit einer unverbrauchten Perspektive auf die späte 68er Generation und die 'Früchte' ihres Drangs nach freier Liebe und Anarchie.
AT 2011, Regie: Marie KreutzerDarsteller: Andreas Kienndl, Andrea Wenzl, Emily Cox, u.a.
Kinostart: 04.08.2011
Weitere Infos: www.dievaterlosen.at