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KARL-HEINZ GÖTTERT

Die Sprachreiniger

Propyläen, 368 S., 24,00 EUR

Der Kölner Germanistik-Professor hat sich mit seinen Büchern zur Geschichte der deutschen Sprache oder der ihrer Dialekte und mit lesenswerten Texten zur Rhetorik einen guten Namen als höchst fachkundiger, aber auch mit dem Talent zur laien-gerechten Vermittlung gesegneter Autor erarbeitet. Hier widmet er sich einem zwischen Germanistik, Soziologie und Politik anzusiedelnden Spezialfall der Sprachgeschichte, nämlich dem vor allem vom 1885 gegründeten "Allgemeinen Deutschen Sprachverein" angefeuerten Kampf gegen Fremdwörter in der ach so geliebten und einmaligen, gerechterweise als Weltsprache prädestinierten deutschen Muttersprache. Mit der Reichsgründung 1871 nimmt die bis dahin eher subtile Ächtung von (va. französischen) Fremdwörtern eine später bis zur Peinlichkeit führende Drastik an. Der deutsche Nationalismus versucht auch auf dem Feld der "Sprachreinigung" mit sprichwörtlicher Gründlichkeit und Besessenheit die Überlegenheit der (hier besser des) Deutschen wissenschaftlich zu untersetzen. Göttert analysiert dazu mit großer (für manchen vielleicht sogar zu tiefschürfender) Akribie die Texte der Vereinspostille (deren Titel vom etwas trockenen "Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins" später zum anmaßenden "Muttersprache" mutierte). Ohne die deutschtümelnden Auswüchse übermäßig der Lächerlichkeit preiszugeben (das übernahmen bereits andere), werden die politisch-weltanschaulichen Hintergründe analysiert, was besonders beim ambivalenten Verhältnis zur Staatsmacht (auch und gerade während der NS-Zeit) erstaunliche Erkenntnisse birgt. Kein leichter, aber ein sehr interessanter Stoff.
Weitere Infos: www.ullstein-buchverlage.de


September 2020
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